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Yachten, wie hier in Monaco, gehören zu den größten Klimasündern. Für einige Superreiche sind sie das ultimative Zeichen von Status und Luxus.

Foto: REUTERS/Eric Gaillard

Wer mehr Geld hat, hat auch mehr Möglichkeiten, es auszugeben: für ein zweites oder drittes Auto, ein größeres Haus, mehr Urlaubsflüge oder ein Boot am Meer. Was schon für die obere Mittelklasse gilt, steigert sich erst recht, je größer das Vermögen wird: Aus dem "normalen" Auto wird eine Luxuskarosse, zum eh schon großen Haus kommt die eine oder andere Villa hinzu, der nächste Urlaub erfolgt gar mit Privatjet oder der eigenen Yacht.

Das mache sich besonders beim ökologischen Fußabdruck bemerkbar, kritisieren einige Experten. Laut einer Studie der Hilfsorganisation Oxfam ist das reichste Prozent der Welt – rund 80 Millionen Menschen mit einem Einkommen von mehr als 172.000 Dollar im Jahr – für rund 15 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich und stößt doppelt so viele Treibhausgase aus wie die ärmsten 50 Prozent der Weltbevölkerung. Pro Kopf produziere jeder Superreiche im Schnitt dreißigmal mehr Treibhausgase, als jeder Bürger auf der Welt verbrauchen dürfte, um das globale 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, heißt es in dem Bericht.

Großspuriger Lebensstil

Besonders problematisch laut den Autoren: Während sich die globale Mittelklasse bereits auf einem guten Weg befinde, ihre Emissionen in den kommenden Jahren zu reduzieren, könnte der Anteil der Reichen an den weltweiten Emissionen bis 2030 von derzeit 15 sogar noch auf 16 Prozent wachsen.

Noch extremer wirkt der Vergleich zu den Superreichen. Laut einer in diesem Jahr veröffentlichten Untersuchung zum Lebensstil von 20 Milliardären, darunter bekannte Namen wie Amazon-Gründer Jeff Bezos, Tesla-Gründer Elon Musk, Microsoft-Gründer Bill Gates oder der russisch-israelische Oligarch Roman Abramowitsch, stoßen diese pro Kopf und Jahr durchschnittlich mehr als 8.000 Tonnen CO2 aus. Zum Vergleich: In Österreich sind es im Durchschnitt rund sieben Tonnen pro Kopf.

Am meisten ins Gewicht fallen Yachten. Diese stoßen im Jahr rund 7.000 Tonnen CO2 aus. Aber auch die Villen, Privatjets, Helikopter und Weltraumraketen einiger Superreicher tragen ihren Teil dazu bei. Auf der anderen Seite versuchen einige Milliardäre und Philanthropen mit einem Teil ihres Geldes freilich auch, soziale Probleme oder den Klimawandel zu bekämpfen.

Vermögenssteuern

Trotzdem fordern einige Expertinnen und Wirtschaftswissenschafter seit längerem höhere Steuern für besonders Vermögende. Vor einigen Monaten sprach sich sogar eine Gruppe von Millionärinnen und Millionären in Österreich und Deutschland für höhere Vermögenssteuern aus – allerdings primär nicht wegen der Klima-, sondern wegen der Corona-Krise, wie es in dem Statement heißt. Denn Fakt ist: Im internationalen Vergleich gehört Österreich laut OECD zu den Ländern mit den niedrigsten vermögensbezogenen Steuern, gemessen an deren Anteil am BIP.

Dabei wird die Debatte über die Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern oft hitzig geführt – eine Erbschaftssteuer wird in Österreich beispielsweise seit 2008 nicht mehr erhoben, eine Grunderwerbssteuer fällt bei Grundstücksvererbungen und -schenkungen dennoch nach wie vor an. Einige sehen in neuen Reichensteuern ein probates Mittel, um soziale Ungleichheit zu reduzieren und nebenbei noch zusätzliches Geld für die Bekämpfung des Klimawandels zu lukrieren. Andere wiederum sehen eine Gefahr für das wirtschaftliche Anreizsystem, eine Enteignung von Eigentum, einen Anreiz zur Steuerflucht oder gar eine Bedrohung für die Wirtschaft insgesamt.

Begrenzung von Reichtum

Noch polarisierender dürfte da wohl die Reaktion auf einen Vorschlag der belgischen Philosophin Ingrid Robeyns ausfallen. Ähnlich, wie es bereits eine Armutsgrenze gibt, müsste es auch eine Reichtumsgrenze geben, argumentiert Robeyns. Das bedeute, dass privates Vermögen und Einkommen ab einem gewissen Punkt nicht weiter wachsen dürfe und alles Geld, das eine Person darüber hinaus bekommen würde, stattdessen der Allgemeinheit und besonders ärmeren Bevölkerungsgruppen, beispielsweise zur Bekämpfung oder Anpassung an den Klimawandel, zugutekommen sollte.

Der Ansatz dahinter nennt sich Limitarismus. Im Kern geht es dabei um die Frage, wann es gerechtfertigt sein kann, dass der Staat bestimmte Grenzen für einzelne Bürger setzt, um zum Wohlstand aller beizutragen. Der dahinterliegende Gedanke: Ab einem gewissen Punkt macht uns mehr Geld ohnehin nicht mehr glücklicher und zufriedener und sollte daher besser anderen zugutekommen.

Objektive Grenze

Nur, wann ist dieser Punkt erreicht? Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass Menschen eine sehr unterschiedliche Vorstellung davon haben, wann privates Vermögen und Einkommen tatsächlich zu viel ist. Laut Robeyns müsste es aber eine objektiv festlegbare Reichtumsgrenze geben – ein Argument, das viele Wirtschaftswissenschafter bezweifeln. Wo genau die Grenze dann zu ziehen wäre, darauf will sich auch Robeyns nicht festnageln lassen.

Funktionieren soll das Ganze dann wie eine Vermögenssteuer, nur dass alles Vermögen über der Reichtumsgrenze dann zu hundert Prozent zu versteuern wäre. Wer aber würde diese Grenze definieren und einführen? Und soll es einen Unterschied machen, ob sich jemand das Geld "erarbeitet" – beispielsweise durch Innovationen – oder nur geerbt hat?

Anreiz zu Steuerflucht

Allgemein argumentieren Gegner einer solchen Reichtumsgrenze oft mit denselben Argumenten, die auch gegen Vermögenssteuern ins Feld gebracht werden. "Eine allgemeine Vermögenssteuer gibt es weltweit kaum mehr, seit Kapital international so mobil geworden ist. Es ist sehr schwierig geworden, Vermögenssteuern auf nationaler Ebene einzuheben", sagt Margit Schratzenstaller, Ökonomin am Wifo, zum STANDARD. Anders ausgedrückt: Wer soll verhindern, dass Millionäre und Milliardäre ihr Geld nicht einfach ins Ausland schaffen, um höheren Vermögenssteuern zu entgehen?

Ein weiterer Kritikpunkt: Eine Reichtumsgrenze würde den Anreiz vernichten, für mehr Wohlstand und Reichtum auch mehr zu leisten. Das Steueraufkommen würde damit insgesamt sogar fallen und der gesamtgesellschaftliche Wohlstand schrumpfen. Aus einer rein ökonomischen Perspektive sieht auch Robeyns eine Reichtumsgrenze als kontraproduktiv – wenn es etwa darum geht, mehr Steuereinnahmen zu lukrieren, um damit den Klimaschutz voranzutreiben.

Moralisches Argument

Statt einer generellen Reichtumsgrenze oder einer allgemeinen Vermögenssteuer plädiert Ökonomin Schratzenstaller für Erbschaftssteuern, die gezielt bei höheren Vermögen erhoben werden. "Das bietet weniger Ausweichmöglichkeiten, ruft weniger negative soziale Reaktionen hervor und würde zudem nur einmal anfallen", sagt sie. Kleinere Erbschaften, wie etwa Eigenheime, sollten aber nach wie vor steuerfrei bleiben.

Trotz der Probleme in der Praxis erachten Philosophinnen wie Robeyns die Diskussionen über eine Reichtumsgrenze und den Limitarismus weiterhin für wichtig – wenn auch nur aus moralischer Sicht. Immerhin seien Probleme wie der Klimawandel zutiefst mit sozialer Ungleichheit und Ungerechtigkeit verbunden. Wir müssen uns fragen, wann grundlegende Bedürfnisse in immer ausuferndere Wünsche übergehen, schreibt Robeyns. Sie ist überzeugt: "In Anbetracht der ökologischen Krise müssen wir in der Lage sein zu sagen, dass jemand ab einem gewissen Punkt zu viel konsumiert." (Jakob Pallinger, 17.11.2021)