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Mit der Steuerreform ändern sich auch die Regeln für Kryptowährungen.

Foto: EDGAR SU/Reuters

Mit dem Start der Begutachtungsphase geht die Steuerreform in die heiße Phase. Für viel Aufsehen haben bisher vor allem die neuen Regeln zur Krypto-Besteuerung gesorgt. Während Steuerexperten die klare Vorgabe mit dem Sondersteuersatz von 27,5 Prozent und auch den Wegfall der Besteuerung beim Tausch zwischen Kryptowährungen loben, stoßen manche Maßnahmen hingegen auf Unverständnis.

Bitpanda sieht massive Nachteile

Mit Bitpanda verfügt Österreich über ein internationales Schwergewicht im Kryptomarkt. Im Gespräch mit dem STANDARD begrüßt das Unternehmen zwar, dass die Reform mehr Rechtssicherheit und damit Vertrauen in den gesamten Kryptomarkt bringe. Die Vorgabe, dass Bitpanda ab 2023 die Kapitalertragssteuer (KESt) automatisch einbehalten muss, wenn Kunden Bitcoin und andere Coins verkaufen, sieht man hingegen als standortschädigend.

"Um die KESt einbehalten zu können, müssten wir die Anschaffungskosten für die jeweiligen Kryptobestände unserer Kunden wissen. Das tun wir nicht, weil viele auch Kryptowährungen zu Bitpanda transferieren, die sie ganz woanders gekauft haben", erklärt Oliver Stauber, Chief Legal Officer bei Bitpanda. "Wir haben keine Chance herauszufinden, was für Kosten tatsächlich angefallen sind."

Allein auf weiter Flur

Mit der Regelung, die nur für in Österreich ansässige Dienstleister gelte, werde man so zur einzigen Kryptoplattform der Welt, die zu einer Einbehaltung der KESt verpflichtet werde. Da diese Pflicht bei anderen internationalen Anbietern nicht anfalle, könnten österreichische Kunden mit zwei Knopfdrücken ihre Bestände von Bitpanda abziehen, fürchtet Stauber.

Die Kryptobörse, die seit einiger Zeit auch Aktien-Derivate und Edelmetalle im Portfolio anbietet, schlägt deshalb vor, die im Entwurf vorgesehene Einbehaltungspflicht an die europäische Richtlinie DAC-8 zu knüpfen, die eine EU-weite Meldepflicht bei Kryptotransaktionen für alle europäischen Plattformen vorsieht.

Bitpanda hofft in dieser Frage folglich auf eine Abänderung des Entwurfs. Auf die Frage des STANDARD, ob in letzter Konsequenz auch ein Abwandern aus Österreich denkbar wäre, sollte die Regelung so bleiben, meinte Stauber: "Die Frage stellt sich nicht. Aber natürlich wollen wir nicht Millionen Kunden verlieren".

Unverständnis über zurückliegenden Stichtag

Wenig begeistert zeigt sich Bitpanda auch über den weit in der Vergangenheit liegenden Stichtag für Krypto-Altvermögen, der mit 28. Februar 2021 festgelegt wurde. Anleger, die nach diesem Datum in Bitcoin und andere Altcoins investiert haben, fallen um die einjährige Haltefrist um, nach der Kursgewinne eigentlich steuerbefreit gewesen wären. "Der Stichtag in der Vergangenheit ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar und wird auch nicht begründet", sagt Stauber.

Rückendeckung bekommt er dabei von Florian Wimmer, dem Gründer der Kryptosteuersoftware Blockpit. Abgesehen von dem weit in der Vergangenheit liegenden Stichtag komme es steuerrechtlich nun auch zu einer ungünstigen Spaltung des Jahres.

"Ein Quartal altes Steuerrecht und drei Quartale neues Steuerrecht bedeuten einen extremen Aufwand. Nicht nur für Bürger und Steuerberater, aber vor allem auch für die Behörden selbst", sagt Wimmer zum STANDARD. Die bessere Lösung wäre laut dem Steuerexperten gewesen, alles mit Stichtag 1. Jänner 2022 festzulegen.

Wegweisendes VfGH-Urteil

Auch wenn der Unmut unter vielen Krypto-Anlegern groß ist, rein rechtlich gesehen sollte der in der Vergangenheit liegende Stichtag laut dem Bitpanda-Rechtsexperten Stauber als auch Blockpit-CEO Wimmer halten. Denn die Regierung berufe sich diesbezüglich offenbar auf ein Verfassungsgerichtshof-Urteil aus dem Jahre 1993.

Damals ging es um die Verlängerung der Spekulationsfrist bei Grundstücken von fünf auf zehn Jahre. Solange die Reform beim Erwerbsdatum anknüpfe und nicht bereits veräußerte Güter nachträglich anders besteuere, sei das Ganze durch das Höchstgerichtsurteil wohl gedeckt.

Hoffnung auf Nachbesserung

Was den Kryptofirmen und Anlegern noch bleibt, ist die Hoffnung, dass das Finanzministerium die kritisierten Punkte für die endgültige Gesetzesfassung berücksichtigt. "Abgesehen vom Stichtag und der KESt-Abgabepflicht, die dem Standort definitiv mehr schadet, als es bringt, begrüßen wir die Reform. Vieles ist gut durchdacht und professionell aufgesetzt", sagt Wimmer. (Martin Stepanek, 12.11.2021)

Update 12.11., 12:10: Bitpanda hat die ursprünglichen Aussagen in einem Folgegespräch mit dem STANDARD präzisiert. Ein Abwandern aus Österreich sei definitiv kein Thema.