Komplexitätsforscher Klimek kritisiert Salzburgs Landeshauptmann Haslauer.

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Komplexitätsforscher Peter Klimek kritisierte am Donnerstagabend in der "ZiB 2" Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) für dessen hämische Aussage über Virologen auf einer mittwöchigen Pressekonferenz. In dieser gab der ÖVP-Politiker bekannt, dass er derzeit trotz hoher Corona-Infektionszahlen in seinem Bundesland nicht an einen Lockdown für Ungeimpfte denke. Dazu sagte er, "ein bisschen übertrieben", dass es den Virologen wohl am liebsten wäre, "wenn sich jeder einzelne Salzburger und Österreicher in ein Zimmer einsperrt, weil da kann er sich nicht anstecken und niemanden infizieren. Er wird halt dann leider an Depression sterben, verhungern oder verdursten."

"Wissenschaftsfeindliches Klima"

Klimek zeigte sich "erschüttert" über diese Aussage. Haslauer habe "Virologen der Lächerlichkeit preisgegeben". Da müsse man sich fragen: "Was ist hier der Umgang, den man in Österreich mit der Wissenschaft pflegt?" Die Aufgabe der Wissenschaft in der Pandemie sei, der Politik Evidenz bereitzustellen. Klimek sagte: "Zurück kommen dann solche Aussagen, dass man nicht ernst genommen werden sollte." Klimek befürchtet: "Wenn dieses wissenschaftsfeindliche Klima weiter um sich greift, machen wir einen Schritt weiter zur Bananenrepublik." Dadurch werde es schwieriger, gute Wissenschafter im Land zu halten.

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"Entwicklung war absolut vorhersehbar"

Aber auch wenn die Evidenz zur Verfügung stehe, liege es letztlich an der Politik, was sie daraus mache. Stimmen aus der Politik, dass der aktuell heftige Anstieg der Corona-Infektionszahlen in Österreich nicht vorhersehbar gewesen sei, widersprach Klimek entschieden: "Diese Entwicklung war absolut vorhersehbar." Aber er sei es gewohnt, dass man "die Prognosen so dreht und wendet, wie es einem gerade politisch passt". Es sei stets klar gewesen, dass man sich aufgrund der ansteckenderen Delta-Variante und ausbaufähigen Impfquote von niedrigen Infektionszahlen im Sommer nicht hätte einschläfern lassen dürfen und nicht glauben durfte, dass "uns diese nicht nochmals im Herbst um die Ohren fliegen".

Lockdown für Ungeimpfte ein "Experiment"

Dies ist nun aber der Fall. In Österreich wurden am Donnerstag 11.975 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Klimek geht davon aus, dass es in den nächsten Tagen fünfstellig weitergehen werde: "Es ist noch kein Wendepunkt in Sicht." Die Spitze sei noch nicht erreicht. Alle Bundesländer müssten aufpassen, aber die Lage in Oberösterreich und Salzburg sei am kritischsten.

Allein in Oberösterreich wurden am Donnerstag 2.778 Fälle gemeldet. Am Abend verkündete dann Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), dass ab Montag ein Lockdown für Ungeimpfte geplant sei. Ob dieser Wirkung zeige und die Infektionszahlen bändigen könne, wagte Klimek nicht zu prognostizieren. Für diese Maßnahme fehlen weltweit schlichtweg die Vergleichswerte. Es sei ein Experiment, und der Erfolg hänge davon ab, wie konsequent der Lockdown umgesetzt und wie stark er kontrolliert werde. (red, 11.11.2021)