Mehr als eine Milliarde Euro wurden der ÖBB-Infrastruktur AG vom Bund zu viel ausgezahlt. Der Rechnungshof rät, das Geld zurückzufordern.

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Wien – Finanz- und Verkehrsministerium haben zu viel Geld an die ÖBB ausgezahlt. Die Überzahlung ist auf zu hohe Zuschüsse zurückzuführen, teilte der Rechnungshof (RH) am Freitag mit. Investitionsvorhaben konnten nicht in vollem Umfang umgesetzt werden. Und: Meistens verzichtete das Verkehrsministerium auf eine Gegenverrechnung. Geprüft wurde durch das unabhängige Kontrollorgan des Nationalrats der Zeitraum 2015 bis 2019.

Die ÖBB weise Überzahlungen transparent in der Bilanz als Verbindlichkeiten aus und sei jederzeit bereit, die Beträge zurückzuzahlen, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens zum RH-Bericht. Überschüsse könnten rücküberwiesen oder mit künftigen Zuschüssen gegengerechnet werden. Heuer stehe noch eine Rücküberweisung von rund 600 Millionen Euro an.

Zur Vorgeschichte: Im Zuge seiner Überprüfung des Bundesrechnungsabschlusses 2019 hat der Rechnungshof herausgefunden, dass die ÖBB-Infrastruktur AG, kurz ÖBB Infra, eine Teilgesellschaft der ÖBB-Holding AG, in ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2019 eine Verbindlichkeit in der Höhe von rund 1,147 Milliarden Euro aus den Vorjahren gegenüber dem Bund aufwies, dass die ÖBB Infra also dem Bund Geld schuldet. Dies hat den Rechnungshof zur Prüfung "Zuschussverträge zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur der ÖBB" veranlasst.

Verkehrsministerium zahlte der ÖBB zu viel aus

Die ÖBB Infra erstellte jährlich einen Rahmenplan, dieser wurde jedoch nicht jährlich vom Ministerrat genehmigt. Daher behielt der Rahmenplan der Vorperiode seine Gültigkeit. Auch die Zuschussverträge wurden im überprüften Zeitraum nicht jährlich abgeschlossen.

Die Konsequenz: Das Verkehrsministerium leistete die Zahlungen auf Basis der in der vorigen Periode abgeschlossenen Zuschussverträge. Das Ministerium habe seinen Zuschussverträgen mit der ÖBB Infra regelmäßig überhöhte geplante Mittelerfordernisse zugrunde gelegt, kritisiert der Rechnungshof.

Jetzt soll die ÖBB das Geld zurückzahlen

Weil weniger ausgegeben wurde, als es die Pläne vorsahen, sammelten sich bis Ende 2019 1,147 Milliarden Euro Verbindlichkeiten gegenüber dem Bund an. Diese wurden zinsfrei im Unternehmen belassen. Der Rechnungshof empfahl dem Verkehrs- und Finanzministerium, die vorgesehene Rückzahlung der rund 1,147 Milliarden Euro nun dementsprechend bei der ÖBB Infra einzufordern. Laut Finanzministerium ist eine Rückzahlung im Gange, berichtet der Rechnungshof.

Vermehrt sicherheitsrelevante Vorfälle im Untersuchungszeitraum

In den Zuschussverträgen sei auch die Verbesserung der Sicherheit der betriebenen Schieneninfrastruktur zu regeln. Wird eine Obergrenze für "sicherheitsrelevante Vorfälle" überschritten, muss die ÖBB Infra gemäß Zuschussvertrag eine Ausgleichszahlung an den Bund leisten. Erfasst werden alle sicherheitsrelevanten Vorfälle unabhängig davon, ob sie einen Schaden zur Folge haben.

Von 2015 bis 2019 meldete die ÖBB Infra 8.927 sicherheitsrelevante Vorfälle. Davon hatte sie 15 Prozent – also 1.301 Fälle – zu verantworten. In zehn Fällen kamen Personen zu Schaden, wobei in drei Fällen Reisende betroffen waren. 713-mal wurden Sachschäden verzeichnet. 85 Prozent dieser Vorfälle betrafen Entgleisungen, Kollisionen sowie die Beeinträchtigung des sicheren Betriebs durch schwere Mängel an technischen Einrichtungen und Schienenfahrzeugen. Im Prüfzeitraum stieg die Anzahl der gemeldeten sicherheitsrelevanten Vorfälle. Der Rechnungshof empfiehlt, Maßnahmen zu entwickeln, um die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle zu verringern.

2018 habe die ÖBB eine Häufung von Vorfällen in der betrieblichen Sicherheit im Konzern festgestellt. Daraufhin seien "zusätzliche Maßnahmen entwickelt und deren Umsetzung gestartet" worden, so die ÖBB. Für die Verbesserung der Sicherheit und der Betriebsführung investiere das Unternehmen im laufenden Rahmenplan bis 2027 zwei Milliarden Euro. (APA, red, 12.11.2021)