Marmorholz wird gerne für hochwertige, edle Möbel verwendet. Die typischen feinen schwarzen Linien entstehe, wenn Pilze das tote Holz besiedeln. Genau genommen markieren diese Linien jene "Kampfzonen", wo unterschiedliche Pilzkulturen und -arten aneinandergeraten sind und sich Territorien und Ressourcen im Holz streitig gemacht hatten. Die feinen dunklen Fäden der Pilzgemeinschaft schützen nicht nur ihre Kolonie, sondern hindern auch Bakterien und Insekten daran, in ihr Reich einzudringen.

Kostbares Faulholz

Derartiges Faulholz ist seit jeher ein begehrtes Material, benötigt auf dem Waldboden allerdings mehrere Jahre, um seine schönen Muster zu entwickeln. Ob dabei die Qualität des Holzes den Anforderungen für die Verarbeitung genügt, ist keineswegs garantiert. Entsprechend kostspielig ist Marmorholz. Doch es gibt auch Möglichkeiten, diese Prozesse künstlich herbeizuführen: Schweizer Wissenschafter der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in St. Gallen haben es sogar geschafft, Harthölzer mithilfe von Fäulnispilzen unter kontrollierten Bedingungen zu marmorieren. Die Ergebnisse sind gezielt hervorgerufene Holz-Musterungen – bis hin zu regelrechten Grafiken und Schriftzügen.

Vielleicht nicht ganz einwandfrei, aber immer noch gut lesbar: Empa-Forschern ist es erstmals gelungen, Pilze Wörter im Holz schreiben zu lassen.
Foto: Empa

Bereits vor zwei Jahren gelang es den Forschern der Empa, einheimische Hölzer wie Buche, Esche und Ahorn mit Pilzen zu veredeln. Damals zauberten sie wilde Muster oder geometrische Formen ins Holz. Das Geheimnis, wie die Linien verlaufen sollen, liegt dabei unter anderem in der jeweiligen Kombination der eingesetzten und aufeinander losgelassenen Pilzspezies. Nun berichtet das Team um Francis Schwarze im Fachjournal "Materials & Design" von einer entscheidenden Weiterentwicklung der Technologie: Je nach Pilzart lässt sich die Entstehung der Muster damit noch präziser steuern.

Pilze zeichnen Sonnenuntergang

So zeichneten sie beispielsweise einen Sonnenuntergang ins Holz oder ließen die Pilze Buchstaben schreiben. Allerdings bringen die Pilze wie Erstklässler noch etwas krakelige Wörter hervor. Stabilität und Form des Holzes blieben bei dem Verfahren aber erhalten.

Schwarzes Gruppe identifizierte für ihr Projekt mehrere in der Natur vorkommende Pilze und analysierte diese im Labor, wobei die Pilze mit den besten Eigenschaften als Holzveredler ausgewählt wurden. Je nach Kombination der Pilzarten entstanden im Holz dunkle, durch das Pigment Melanin verursachte Linien. Melanin ist wasserabweisend, antimikrobiell und schützt den Pilz vor seinen natürlichen Gegenspielern, beispielsweise Bakterien.

Auch einen Sonnenuntergang haben die Pilze ganz gut hinbekommen.
Foto: Empa

Trockener und energiesparender

Während das Wachstum der Pilze kontrolliert werden kann, um das gewünschte optische Ergebnis zu erzielen, hat das entwickelte Verfahren auch ein Vorteil für die Holzverarbeitung. Die meisten Pilze können Holz erst dann besiedeln und abbauen, wenn eine bestimmte Holzfeuchtigkeit von mehr als 28 bis 33 Prozent vorliegt. In diesem Fall liegt frei verfügbares Wasser im Inneren der Zellen vor, welches zum Wachstum der meisten Pilzarten essenziell ist.

Der Vorteil der von Schwarze und seinem Team eingesetzten Pilze ist, dass sie Holz auch bei einer geringen Holzfeuchte von 20 Prozent besiedeln können, da sie in der Abwesenheit von Wasser in den Zellwänden eindringen und dort das gebundene Wasser für ihr Wachstum nutzen. Somit sind sie kompetitiver und die Gefahr von Verunreinigungen wird stark verringert. Ein weiterer Vorteil ist, dass nach Abschluss der Pilzbehandlung die Holzfeuchte nach wie vor sehr gering ist und somit weniger Energie für die Holztrocknung erforderlich ist. (red, 13.11.2021)