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Die Hochzeit der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai (24) sorgte für Gratulation, aber auch für Spott.

AP / Malin Fezehai / Malala Twitter

Malala Yousafzai heiratet – und ihre Freunde und Feinde nehmen regen Anteil. Die mittlerweile 24-Jährige, die mit 17 zur bisher jüngsten Friedensnobelpreisträgerin gekürt wurde, hat in Birmingham ihren "besten Freund", wie sie selbst sagt, geehelicht, den pakistanischen Cricket-Funktionär Asser Malik. Zu den Gratulanten und Gratulantinnen gehörte Greta Thunberg, die mit Malala das Schicksal teilt, starke Reaktionen – nicht nur Bewunderung, sondern oftmals Hass – hervorzurufen.

Den Nobelpreis bekam Malala Yousafzai aus dem pakistanischen Swat-Tal 2014 für ihren Einsatz für die Bildungsrechte von Mädchen, der sie 2012 beinahe das Leben gekostet hatte. Pakistanische Taliban hatten ihren Schulbus angehalten und ihr aus nächster Nähe in den Kopf geschossen. In Lebensgefahr aus Pakistan ausgeflogen, wurde sie in Birmingham, wo sich ihre Familie später niederließ, mehrfach operiert. Vergangenes Jahr schloss Malala Yousafzai ein Studium an der Universität Oxford ab.

Auf dem "Vogue"-Cover

Einer der Gründe, warum ihre Hochzeit nun Aufsehen erregt, war ein Feature in der Vogue im Juli 2021, die ihr sogar die Titelseite widmete. Diese Mondänität der Aktivistin gefiel nicht allen. Im Gespräch mit der Modezeitschrift stellte sie – wie bei anderen Gelegenheiten auch – die Ehe in Zweifel: "Ich verstehe nicht, warum die Leute heiraten müssen." Nun hat sie es doch selbst getan – und erklärt auf der Vogue-Website ihre Beweggründe.

Sie sei einer Verheiratung aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds skeptisch gegenübergestanden, weil sie die patriarchalen Wurzeln dieser Institution und die Kompromisse, zu denen Frauen in der Ehe gezwungen seien, hinterfragt habe. "Ich könnte mich nicht Feministin nennen, wenn ich keine Vorbehalte hätte." Aber "Kultur wird von Menschen gemacht – und Menschen können sie auch ändern", schreibt Yousafzai in ihrem Kommentar.

Spöttische Taslima Nasrin

Zu den Leuten, die sich nun über Yousafzai lustig machen, gehört auch die aus Bangladesch stammende Schriftstellerin Taslima Nasrin, die selbst verfolgt wurde, weil sie sich gegen eine radikale islamische Kultur wandte. Dahinter steckt auch Kritik an der konservativen Inszenierung der Hochzeit und der Wahl des Ehemanns. Natürlich musste es ein Pakistani und kein "Weißer" sein, lässt Nasrin anklingen, denn das sei "igitt".

Der Vorwurf der Inszenierung verfolgt Malala Yousafzai, seit sie mit elf Jahren 2009 ihr von der BBC veröffentlichtes Blog-Tagebuch unter dem Pseudonym Gul Makai (Kornblume, die Heldin eines paschtunischen Märchens) zu schreiben begann. Der Blog erschien zuerst auf Urdu, später auch in englischer Übersetzung. Die Idee war von einem BBC-Reporter und Freund von Malalas Vater gekommen, nachdem in den Jahren zuvor die pakistanischen Taliban im Swat-Tal Einfluss gewonnen und Mädchen und Frauen aus der Öffentlichkeit zu verdrängen begonnen hatten. Malalas Vater, Ziauddin Yousafzai, ein Lehrer, spielte eine große Rolle bei ihrer Karriere als Aktivistin und verwaltet ihre Stiftung.

Mit der Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan im August dieses Jahres hat das Eintreten für die Bildung von Mädchen und Frauen in der Region wieder ein ganz neues Gewicht bekommen. Die Taliban – deren Bildungsminister sich damit brüstete, keinen höheren Schulabschluss zu haben, islamische Bildung reiche – gehen dabei sehr uneinheitlich vor. Offenbar liegt es oft ganz einfach im Ermessen von quasi Ortskaisern, bis zu welchem Alter Mädchen die Schule besuchen dürfen.

In manchen Provinzen sind Mittel- und Oberstufenschulen für Mädchen wieder offen. Allerdings begleitet sie und ihre Eltern ständig die Angst, dass die Mädchen angegriffen und verschleppt werden könnten. Und dass die Taliban ihre Entscheidung widerrufen könnten, ist ohnehin ständig möglich.

"Afghanische Malala"

In Herat, im Westen des Landes, gibt es bereits eine "afghanische Malala" – hoffentlich bleibt es dabei, dass ihr Engagement nicht mit Gewalt beantwortet wird. Eine neue afghanische Medienorganisation für Frauen, Rukhshana, erzählt die Geschichte so: Sotooda Forotan, 15, sei am 21. Oktober, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, dazu auserkoren gewesen, ein frommes Gedicht vorzulesen. Stattdessen habe sie sich in einem flammenden Appell an das Publikum, darunter auch Taliban, gewandt, auch ältere Mädchen wieder in die Schule gehen zu lassen.

Die Taliban in Herat hätten inzwischen für Mädchen die Oberstufe wieder geöffnet. Laut Organisation Rukhshana – der Name kommt von einer 15-Jährigen, die 2015 in der Provinz Ghor gesteinigt wurde – neigt die Familie von Sotooda Forotan dem Taliban-Gedankengut zu: mit Ausnahme ihres Vaters, der sie dazu brachte, schon als Kind von den Universitäten zu träumen, die sie später besuchen werde.(Gudrun Harrer, 13.11.2021)