Das nun unterzeichnete Gesetz sieht 1,2 Billionen US-Dollar unter anderem für die Sanierung von Straßen, Brücken und den Ausbau des Breitbandnetzes vor.

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Kein Tag wie jeder andere für den US-Präsidenten: Am Montagabend unterzeichnete er feierlich das Infrastrukturgesetz, einen Investitionsplan, der 1,2 Billionen US-Dollar bereitstellt, unter anderem für die Sanierung von Straßen, Brücken und den Ausbau des Breitbandnetzes. Monatelang hatten sich die Unterhändler von Präsident Biden um die Ausgestaltung dieses Gesetzespakets gezankt. Erst mit den Republikanern, dann innerhalb der eigenen Partei. Zum Schluss drohte das Reformwerk um ein Haar zu platzen, weil eine Gruppe demokratischer Abgeordneter dem Präsidenten die Gefolgschaft verweigerte.

Ausgerechnet 13 Republikanern hat es Biden zu verdanken, dass sein Gesetz die nötige Mehrheit im Repräsentantenhaus erhielt. Ohne die Stimmen des politischen Gegners wäre das Gesetzesvorhaben geplatzt und der Präsident in eine tiefe Krise geschlittert. Joe Biden braucht dringend innenpolitische Erfolge, nachdem seine Umfragewerte immer tiefer in den Keller sinken. Laut einer Befragung des Senders ABC und der "Washington Post" vom Wochenende hat der Präsident nur noch bei 41 Prozent der Bevölkerung Rückhalt.

Wenig Zeit für Reformpläne

Wäre in dieser Woche Präsidentschaftswahl, würden 51 Prozent aller wahlberechtigten Amerikaner für einen Republikaner stimmen. Ein düsteres Omen für die wichtigen Zwischenwahlen, die in einem Jahr stattfinden und die Biden nicht viel Zeit lassen, seine wichtigsten Reformpläne durchs heute noch mehrheitlich demokratisch geführte Parlament zu bekommen.

Der Präsident kämpft an allen Fronten. Nach dem chaotischen Truppenabzug aus Afghanistan waren Bidens Popularitätswerte stark eingebrochen. Auch die Frage der Flüchtlinge an der mexikanischen Grenze bleibt nach wie vor ungelöst. Innerhalb der Partei gelingt es dem Präsidenten nicht, den konservativen und den linken Flügel auf eine Linie zu bringen, was ihm viele als Führungsschwäche auslegen.

Inflation steigt

In der Bevölkerung bereitet vor allem die wachsende Inflation vielen Sorgen. Die Teuerungsrate liegt inzwischen bei 6,2 Prozent, vor allem die Preise für lebensnotwendige Ausgaben, wie für Strom, Gas und Mieten ziehen kräftig an. Allein die Benzinpreise sind gegenüber dem Vorjahr um 60 Prozent gestiegen. In Kalifornien kostet die Gallone Sprit inzwischen 4,68 Dollar, ein neuer Allzeitrekord. Hinzu kommen die andauernden Lieferengpässe für Mikrochips, inzwischen aber auch für viele weitere Güter.

Der US-Präsident, der vor kurzem noch versuchte, die Probleme kleinzureden, hat indes angekündigt, alles zu tun, um die Inflation zu bekämpfen. "Wir sind historisch gesehen das einzige Land der Welt, das aus jeder Krise, mit der wir konfrontiert waren, auf am anderen Ende besser herausgekommen ist", versucht er seine Landsleuten Mut zu machen und betont, wie wichtig sein Infrastrukturplan sei, um wettbewerbsfähig zu bleiben gegenüber China und dem Rest der Welt.

Videogipfel mit Xi

China ist auch gleich das nächste Thema auf dem Terminkalender des US-Präsidenten. Am Abend wird Joe Biden eine Videokonferenz mit Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping abhalten. Zwischen den USA und China war es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Spannungen gekommen, sei es auf dem Gebiet der Importzölle, in Rüstungs-, aber auch bei Cybersecurity-Fragen. China ließ vor dem Gespräch mitteilen, man setze auf den Dialog mit den USA statt auf Konfrontation. Auch die USA sind bemüht, die Wogen zu glätten. "Die beiden Führungskräfte werden Wege besprechen, den Wettbewerb verantwortungsvoll zu führen, sowie Wege zur Zusammenarbeit auszuloten, wo die Interessen beider Länder übereinstimmen", so eine Sprecherin des Weißen Hauses diplomatisch. (Richard Gutjahr, 15.11.2021)