Felix Gottwald ist zornig.

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Felix Gottwald vertraut auf sein Immunsystem. Wie man dieses Immunsystem in Zeiten der Pandemie stärken kann, erklärte der Ausnahmesportler bereits im März dieses Jahres in einer Reihe von Spots auf Servus TV. "Die Beziehung zu uns selbst wirkt auf unsere Beziehungen im Außen – und umgekehrt. Schau auf Dich, kümmere Dich um mehr in den Beziehungen, und stärke so Dein Immunsystem", heißt es da zum Beispiel – während Gottwald an der frischen Luft durch den Schnee marschiert.

Was immer diese Sätze bedeuten mögen, es wird betont, dass es sich nicht um eine Information der Bundesregierung handelt. Der Steuerzahler kann durchatmen. Mit der Regierung hat Gottwald ohnehin gebrochen. In einem offenen Brief an Sportminister Werner Kogler gab der Salzburger seinen Rücktritt als Vorsitzender der Breitensportkommission der Bundes-Sport GmbH bekannt, denn "Hetze und Diskriminierung" seien in der Pandemie die "Regierungsgebote der Stunde".

"Ich war überzeugt, dass unser Land aus der Geschichte gelernt hat", schreibt Gottwald. Wer einen solchen Satz ausspricht, erinnert nicht an Sisi und Franzl, sondern an die NS-Zeit. So kommt es jedenfalls an. Nun ist es hierzulande beinahe Folklore, Parallelen zum Nationalsozialismus zu ziehen, geschmackvoller werden diese Vergleiche nicht. Zur Erinnerung: In Wien wurde eben eine Mauer mit den Namen von 64.440 ermordeten Juden und Jüdinnen übergeben.

Felix Gottwald ist der erfolgreichste Olympionike Österreichs. Er hat in der Nordischen Kombination drei Goldmedaillen gewonnen. Der Mann weiß, wie man den Körper zu Höchstleistungen treibt, wie man den Body in Schuss hält. Und er gibt seine Erfahrungen weiter. Als "Impulsgeber, Wegbereiter und Mentor". Warum auch nicht? Immerhin hat Gottwald Gesundheitswissenschaften studiert, weil er sich stets damit beschäftigt hat, "wie Gesundheit, und nicht, wie Krankheit entsteht".

Ganz so ist es nicht. Gottwald denkt auch über Erkrankungen nach. "Medikamente lehne ich strikt ab. Jede Krankheit hat auch ihren Sinn", schrieb er 2008 in seinem Buch Ein Tag in meinem Leben. "Nehmen wir Krebs her. Eine Zelle verändert sich erst, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Man kriegt zuvor oft Hinweise", sagte Gottwald damals im Gespräch mit dem STANDARD. Und wenn Kinder erkranken? "Da sehe ich nur die Rolle, dass es jemandem anderen etwas aufzeigt oder eine Botschaft vermittelt." Schwurbel-Alarmstufe rot.

Nun schämt sich Gottwald "zutiefst für unser Land". Er ist zornig und "(ver)fassungslos". Nicht weil die niedrige Impfquote für mangelnde Solidarität stehen könnte. Sondern weil der Lockdown ihn "vom sozialen Leben ausgrenzt". In der Opferrolle macht sich Gottwald neue Freunde. FPÖ-Obmann Herbert Kickl "sieht ausgesprochen, was Österreich denkt". Stratosphärenspringer Felix Baumgartner hat "während dieser Pandemie noch nie etwas gelesen, das geradliniger war".

Während den Salzburger Landeskliniken eine völlige Überlastung droht, hat sich der Salzburger Gottwald zum Helden der Skeptiker emporgeschrieben. Die Szene hat eine neue Ikone. (Philip Bauer, 16.11.2021)