Der EuGH beschäftigt sich schon länger mit Polens Justiz: Erst im Oktober wurde Polen zu Strafzahlungen verurteilt, weil es ein früheres Urteil zur umstrittenen Justizreform nicht umgesetzt hatte.

Horst Galuschka

Die Kriminalisierung von Flüchtlingshelfern in Ungarn ist laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs rechtswidrig. Ein entsprechendes Gesetz der rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán verstoße gegen EU-Recht, urteilten die EuGH-Richter am Dienstag.

Konkret geht es um das sogenannte "Stop-Soros-Gesetz", das die rechte Regierung von Viktor Orbán 2018 eingeführt hatte. Es kriminalisiert Aktivisten und Mitarbeiter von NGOs, die Asylbewerber unterstützen, die nach ungarischen Kriterien wohl nicht schutzberechtigt sind. Dadurch werde das Recht der Asylbewerber beschnitten, "mit den einschlägigen nationalen, internationalen und nichtstaatlichen Organisationen zu kommunizieren und von diesen Unterstützung zu erhalten", argumentiert die EU-Kommission.

Auch die Regelung, wonach ein Asylantrag zurückgewiesen werden kann, wenn der Antragsteller über ein "sicheres Transitland" einreist, wurde als rechtswidrig eingestuft. Der EuGH stellte bereits mehrfach fest, dass grundlegende Teile der ungarischen Asylpolitik gegen EU-Recht verstoßen.

Macht von Polens Justizminister unvereinbar

Für unzulässig erklärte der EuGH am Dienstag auch eine Regelung im polnischen Justizsystem. Die Richter urteilten, dass es gegen EU-Recht verstoße, dass der Justizminister, der gleichzeitig Generalstaatsanwalt ist, Richter an höhere Strafgerichte abordnen und eine solche Abordnung jederzeit beenden könne.

Die Regelung führe dazu, dass die abgeordneten Richter während der Dauer der Abordnung nicht über die Garantien und die Unabhängigkeit verfügen, über die ein Richter in einem Rechtsstaat normalerweise verfügen müsse, teilte der EuGH mit. Nach dem Urteil ist es demnach nicht ausgeschlossen, dass die Regelung als Instrument zur politischen Kontrolle des Inhalts justizieller Entscheidungen eingesetzt wird.

Altes Urteil nicht umgesetzt

Erst im Oktober hatte der EuGH Polen zur Zahlung eines täglichen Zwangsgelds von einer Million Euro verurteilt, weil es ein früheres Urteil zu Justizreformen nicht umgesetzt hatte. Konkret ging es insbesondere um die Anordnung, die Arbeit der Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern zu stoppen. Die Tätigkeit ist nach EuGH-Entscheidungen nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar.

Der Umgang der nationalkonservativen PiS-Regierung mit dem polnischen Justizsystem steht schon seit Jahren in der Kritik. Die Regierung und besonders Justizminister Zbigniew Ziobro signalisieren bisher in den entscheidenden Punkten kein Einlenken. (APA, red, 16.11.2021)