Mehr Männer gegen männliche Gewalt. Es wäre höchste Zeit dafür.

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Die Wut, die Empörung und die Trauer über die häufigen Frauenmorde und die Gewalt, die Frauen regelmäßig nur knapp überleben, ist offenbar Frauensache. Frauen haben vorwiegend die Expertise zu häuslicher Gewalt und geschlechterspezifischer Gewalt. Und fast nur Journalistinnen befassen sich kontinuierlich mit Femiziden und deren Hintergründen, fast nur Frauen bringen das Thema seit vielen Jahren aufs Tapet, machen Druck, dass etwas passiert, und verweisen auf jene Probleme, die die Gewalt weiter reproduzieren, zählen auf, was es bräuchte. Immer und immer wieder.

Ein paar gute Gründe

Warum eigentlich kommt das alles vorwiegend von Frauen? Warum machen sich generell und unmittelbar nach fürchterlichen Nachrichten vorwiegend Frauen Gedanken, wie das alles weitergehen soll? Wie etwa nach der aktuellsten Nachricht über eine 29-jährige Frau, die – vermutlich mit einem selbsthergestellten Baseballschläger aus Holz – erschlagen am Montag in Villach vor dem Bezirksgericht abgelegt wurde.

Einige gute Gründe gibt es tatsächlich dafür. Wenn gerade wieder eine Frau für immer zum Schweigen gebracht wurde, ihr das Leben genommen wurde, dann ist es richtig und wichtig, den Stimmen von Frauen den Vorrang zu geben. Ihre Einschätzungen, ihre Expertisen und ihre Präsenz sind dann zweifelsohne besonders wichtig. Trotzdem ist das kein Grund, warum Männer beim Thema Gewalt gegen Frauen schweigen sollten. Immerhin sind sie das Problem.

Es ist kein gutes Argument, dass vorwiegend Frauen über Gewalt durch Männer sprechen und dagegen protestieren, nur weil sie die potenziellen und tatsächlichen Opfer sind. Denn es ist ein Problem, das die Gesellschaft als Ganzes betrifft. Die viele Arbeit zu Gewalt gegen Frauen darf nicht darauf beschränkt bleiben, dass Frauen nicht Opfer werden und wie wir Frauen schützen können. Sie muss dringend dahingehend erweitert werden zu verhindern, dass Männer weiterhin zu Tätern werden.

Überlegenheitsdenken verhindern

Während eines Jahres, in dem wieder dutzende Frauen von Männern ermordet wurden, wollen wir sicher nicht von Männern hören, wie sich Frauen helfen könnten, was sie zu tun hätten. Aber wir wollen von ihnen hören, was sie selbst tun können. Wie sie gedenken, sich von gefährlichen Männlichkeitsvorstellungen zu befreien, wie sie sich für mehr finanzielle und gezielte Mittel für den Gewaltschutz einsetzen. Was sie gegen das uralte Machtgefälle zwischen den Geschlechtern tun, gegen die tiefverwurzelte Verachtung für Frauen, die der Nährboden für Gewalt gegen sie ist. Wie sie ihre Söhne vor einem männlichen Überlegenheitsdenken bewahren. Es gibt verdammt viel Arbeit für Männer im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Es wäre höchste Zeit, in die Gänge zu kommen. (Beate Hausbichler, 16.11.2021)