"Die vertauschte Braut" von 1934 – das Metro-Kino zeigt Arbeiten des emigrierten, in Wien geborenen Schauspielers Adolf Wohlbrück.

Foto: Metro-Kino

Wen würden Sie lieber kennenlernen? Londons berühmtesten Frauenhelden oder den elegantesten Mann von Wien? Die Qual der Wahl ist keine, hinter beiden Filmfiguren steckt derselbe Darsteller: Adolf Wohlbrück (später Anton Walbrook), der Eleganz und Melancholie in seinen über fünfzig Film- und Fernsehauftritten verkörperte wie kaum ein anderer. Eine Hommage an ihn ist derzeit im Metro-Kino zu sehen.

Der 1896 in Wien geborene Schauspieler gehörte Mitte der 1930er-Jahre in Deutschland zu den Bestbezahlten seines Fachs, entschied sich aber nach einem Hollywood-Intermezzo 1937, nicht in seine Heimat zurückzukehren, sondern seine Karriere in Großbritannien fortzusetzen: als Anton Walbrook.

Der "gute Deutsche"

Anders als Conrad Veidt musste er in der Emigration nie Nazi-Rollen spielen, sondern war von Anfang an "der gute Deutsche": Dabei half ihm gleich seine erste Rolle in der neuen Heimat: Als Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg und Gotha ehelicht er Queen Victoria in Victoria the Great, zwei Jahre später nahm er diese Rolle in Sixty Glorious Years noch einmal auf. Publikum und Kritiker zeigten sich gleichermaßen beeindruckt.

Ebenfalls ein guter Deutscher war er in dem zweiten von vier Filmen, die er unter der Regie des Gespanns Michael Powell und Emeric Pressburger drehte. Sein Theodor Kretschmar-Schuldorff duelliert sich im kaiserlichen Berlin mit dem eher einfältigen Protagonisten von The Life and Death of Colonel Blimp und wird später nach der Kriegsgefangenschaft in Großbritannien zu seinem engen Freund.

In seine Aussage zur Person vor britischen Beamten, die über seinen Status als "enemy alien" zu entscheiden haben, ist einiges von der Biografie des Autors Emeric Pressburger eingeflossen – so wie Walbrook das intoniert, ist es aber auch in hohem Maße seine eigene Figur.

Humanistische Werte

Die humanistischen Werte, für die er hier eintritt, hatte er bereits zwei Jahre zuvor hochgehalten, als er in Powell/Pressburgers The 49th Parallel den Leiter einer Hutterer-Gemeinschaft in Kanada verkörperte. Als dort eine versprengte deutsche U-Boot-Mannschaft zeitweilig Zuflucht sucht, antwortet er auf die Nazipropaganda ihres Anführers in einer längeren Erwiderung. Er tut das mit sanfter Stimme, die aber gleichzeitig von Entschlossenheit kündigt, den Anfängen zu wehren.

Vielleicht war es auch diese positive Nähe zum Publikum, die Powell und Pressburger ermunterte, ihn 1948 als den leidenschaftlichen Impresario in Die roten Schuhe zu besetzen. In seiner Besessenheit von der perfekten künstlerischen Leistung kann er die Liebe der von ihm protegierten Tänzerin zu einem Komponisten nur als Ablenkung von ihrer Pflicht sehen.

Dass er das Abgründige seiner Figuren auch bis zum puren Bösen treiben konnte, hatte er schon früher unter Beweis gestellt: In Gaslight verkörperte er den Ehemann, der seine Frau langsam in den Wahnsinn treibt. Der Film braucht sich hinter der ungleich bekannteren US-Neuverfilmung nicht zu verstecken.

Das gilt auch für einen von Wohlbrücks letzten Auftritten vor der Kamera: Im Remake von Laura war er 1962 der Partner von Hildegard Knef – und setzte Akzente als Klatschkolumnist Waldo Lydecker. (Frank Arnold, 17.11.2021)