Die sozialdemokratisch regierten Bundesländer funktionieren im Sinne einer guten Corona-Politik überwiegend besser als die schwarz-türkis regierten. Und als die türkis dominierte Bundespolitik.

So, da steht’s. Und es wird von mancher Seite als hoffnungslose einseitige Parteinahme ausgelegt werden. Aber da kann man nichts machen. Und es ist ja objektiv beweisbar. Vor allem ist die Absicht dieser Kolumne nicht Parteinahme, sondern der Versuch, herauszuarbeiten, was sozusagen die "philosophischen" Grundlagen für die unterschiedliche Performance sein könnten.

Zunächst die unbestrittenen Facts: In Wien und im Burgenland funktioniert das Impfen besser als in Oberösterreich, Salzburg und teilweise auch in Niederösterreich. Die Stadt Wien hat einfach mehr Infrastruktur und Personal dafür bereitgestellt, bis auf kleinere Pannen besser organisiert. Das war/ist beim Impfen so und bei den PCR-Tests so. Burgenland hat auf etwas andere Weise die Impfquote hochgedrückt.

In Wien und im Burgenland funktioniert das Impfen besser als in vielen anderen Bundesländern.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Nichts davon in den schwarzen Bundesländern. In Salzburg und Oberösterreich versucht man verzweifelt, die Impfstraßen hochzufahren. Impfbusse bleiben aber am Sonntag in der Garage. PCR-Test-Kapazitäten sind durch Vernachlässigung seit Beginn der Pandemie in den meisten Bundesländern Mangelware. Der Anteil des grünen Gesundheitsministers an diesen Defiziten liegt darin, zu wenig Kontakt mit den Ländern gesucht zu haben.

Kompetenzkluft

Die Antwort auf diese Kompetenzkluft zwischen Rot und Schwarz-Türkis ist uralt: Die Sozialdemokratie ist, besonders im roten Wien, es seit 100 Jahren gewohnt, für die Bevölkerung "Daseinsvorsorge" zu betreiben. Soziale Dienste werden zur Verfügung gestellt, es existiert ein ganzes Netzwerk an entsprechenden Einrichtungen. In den schwarzen Bundesländern herrschte zwar auch ein gewisses christlich-soziales Denken, aber es wurde traditionell durch eine Mittelstands- und Selbstständigen-Philosophie mit Betonung von "Selbstverantwortung" und "Leistung", aber auch "Sozialschmarotzertum" überlagert.

ÖVPler wie FPÖler haben es sozusagen in ihrer DNA, dass Ungleichheit für eine Gesellschaft konstitutiv ist. Hinzu kommt noch, dass die ÖVP in den letzten Jahren unter Sebastian Kurz auf einen Kurs geschwenkt ist, der bei der Politologin Natascha Strobl in ihrem gleichnamigen Bestseller "radikalisierter Konservatismus" heißt. Es könnte einem sogar der Gedanke kommen, dass die Untätigkeit von Kurz beim Impfen ab Frühsommer auf die Überlegung zurückgeht, die Infektionen einfach laufen zu lassen.

Man kann (konnte) eine grundsätzliche Diskussion auch unter dem Gesichtspunkt "Übersozialisierung" führen, man kann/konnte über "mehr privat, weniger Staat" streiten. Aber nicht in einer Pandemie.

In einer Pandemie müssen staatliche und öffentliche Ressourcen erstens vorhanden sein und zweitens entschlossen eingesetzt werden. Die österreichischen Konservativen sind da mentalitätsmäßig weniger bereit als die Sozialdemokratie, und das rächt sich jetzt, besonders auch in Bundesländern, wo die Rechtskonservativen (ÖVP) in starker Konkurrenz zu der völkischen Rechten (FPÖ) stehen. Wie eben in Oberösterreich und Salzburg. (Hans Rauscher, 17.11.2021)