Zwei vielversprechende Covid-19-Medikamente sind derzeit im EMA-Zulassungsverfahren. Ihr großer Vorteil: Sie sind in Tablettenform und dadurch leicht zu verabreichen.

Foto: APA/dpa/Stephan Jansen

Medikamente für den Einsatz bei Covid-19-Erkrankungen waren zuletzt vermehrt in den Medien. Sie sind sehr wichtig, vor allem um schwere Verläufe zu verhindern. Aber ihr Nutzen für die Eindämmung der Pandemie ist beschränkt. DER STANDARD hat nachgefragt, warum und was die Präparate wirklich leisten können.

Frage: Welche Medikamente gibt es für Covid-19-Patienten?

Antwort: Im Grunde gibt es zwei Gruppen von Präparaten. Das eine sind die monoklonalen Antikörper, sie stehen bereits länger zur Verfügung. Sie werden intravenös verabreicht und sollen verhindern, dass das Virus überhaupt in die Zelle eindringen kann. In Österreich kommt ein Präparat des Pharmaunternehmens Celltrion Healthcare zum Einsatz. Vergangene Woche hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) das Präparat Ronapreve der Pharmafirma Roche zugelassen. Dieses wurde bereits zur Behandlung von Ex-US-Präsident Donald Trump im Oktober 2020 eingesetzt – als experimentelles Medikament.

Eine andere Gruppe sind Medikamente zum Schlucken, Molnupiravir von Merck etwa oder Paxlovid von Pfizer. Molnupiravir ist ein Polymerasehemmer, der Bausteine in das Virus einschleust, die seine Vermehrung stören. In Studien reduziert es die Wahrscheinlichkeit von Hospitalisierung um etwa 50 Prozent bei einer Einnahme innerhalb von fünf Tagen nach der Infektion. Paxlovid ist ein Kombinationspräparat aus einem Proteasehemmer und einem Mittel, das dafür sorgt, dass der eigentliche Wirkstoff länger im Körper bleibt. Auch dieses Präparat greift in die Virusvermehrung ein. Es reduziert die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthalts laut Studien sogar um 89 Prozent bei Einnahme innerhalb der ersten drei bis fünf Tage nach der Infektion. Beide sind in der EU noch nicht zugelassen, die EMA prüft sie derzeit. Molnupiravir steht aber in England bereits zur Verfügung.

Frage: Wann werden die Medikamente eingesetzt?

Antwort: "Alle diese Präparate kommen in einer frühen Phase der Erkrankung zum Einsatz", betont Heinz Burgmann, Internist und Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der Med-Uni Wien. Die Pillen von Merck und Pfizer werden in den ersten drei bis fünf Tagen nach der Infektion verabreicht, für einen späteren Zeitpunkt konnte kein nennenswerter Nutzen mehr festgestellt werden.

Ähnliches gilt für die monoklonalen Antikörper, auch sie wirken am besten in der Frühphase einer Erkrankung. Sie können theoretisch sogar vorbeugend eingesetzt werden und das Andocken des Virus an der Zelle verhindern. Bei Menschen, deren Immunsystem keine Antikörper bildet, können sie auch in einem späteren Stadium der Erkrankung wirken. Ziel ist bei allen Präparaten, einen schweren Verlauf mit Hospitalisierung oder Intensivbetreuung zu verhindern.

Frage: Für wen sind die Mittel geeignet?

Antwort: Alle Medikamente sind zugelassen für Menschen mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder jene, deren Immunsystem keine Antikörperantwort generiert, etwa weil sie immunsupprimierende Medikamente einnehmen. "Als vorbeugende Alternative, vielleicht sogar, um die Impfung zu ersetzen, sind sie definitiv nicht geeignet", betont Burgmann. Weil sie zum Teil noch gar nicht zugelassen sind, aber auch, weil sie potenzielle Nebenwirkungen haben. Bislang scheint es so, als ob diese nicht schwer wären, so Burgmann. Doch in den Studien waren nicht genug Personen eingebunden, um dazu valide Aussagen zu treffen. Manche (seltenen) Nebenwirkungen zeigen sich erst, wenn viele Personen das Medikament verabreicht bekommen haben.

Frage: Wie funktioniert die Verabreichung?

Antwort: Der Vorteil von Molnupiravir und Paxlovid ist, dass sie zum Schlucken sind. Einmal zugelassen, ist ihre Anwendung relativ einfach. Anders sieht es bei den monoklonalen Antikörpern aus, denn diese werden intravenös verabreicht, über Infusion oder Injektion. Das soeben zugelassene Ronapreve ist zwar auch zur Vorbeugung vor bestätigter Infektion zugelassen, wenn ein Risikopatient mit dem Virus in Kontakt gekommen ist – doch in der Anwendung sind einige Fragen noch nicht geklärt, sagt Burgmann. Sollen sie in eigenen Ambulanzen verabreicht werden? Oder geht man zu den Patienten nach Hause? Immerhin müssen die Patienten im Anschluss noch etwa eine Stunde lang beobachtet werden, da es in seltenen Fällen zu einer allergischen Reaktion kommen kann. Insgesamt sind aber gerade die monoklonalen Antikörper für Risikopatienten ein sehr gutes Medikament, betont der Experte.

Frage: Können die Präparate helfen, die Pandemie in den Griff zu bekommen?

Antwort: Nicht wirklich. Sie sind extrem wichtig, um schwere Folgen einer Infektion in den Risikogruppen einzudämmen. Aber sie sind aufwendig in der Produktion, kostenintensiv und zum Teil kompliziert in der Anwendung. Die Preise sind zwar noch nicht bekannt, aber kolportiert werden pro Dosis, je nach Medikament, 600 bis 2.000 Euro. Dazu kommt, dass sie nicht vorbeugend wirken. Das tut ausschließlich die Impfung. Für die jetzige Krisensituation kommen die Medikamente auch viel zu spät, da sie zum Teil noch gar nicht zugelassen sind. Sie können aber zukünftig für eine bestimmte Zielgruppe das entscheidende Mittel sein, um die von Covid-19 ausgehende Gefahr zu reduzieren. (Pia Kruckenhauser, 17.11.2021)