Das Kind schreit und schreit und schreit, Ruhe findet Mama Jenni (Josefin Asplund) nur mithilfe von Schlaftabletten.

Foto: Degeto / SVT 2020 / Johan Paulin

Im kalten Stockholm tobt ein wilder Schneesturm. Es ist kurz vor Weihnachten. Heimelige Stimmung macht sich in der tristen Hochhaussiedlung, in der die 27-jährige Jenni mit ihrem Mann Salle, der fünfjährigen tauben Nicole und dem Säugling Lucas wohnt, aber keine breit. Im Gegenteil. Es passiert das, was für Eltern ein absoluter Albtraum ist. Der fünf Wochen alte Lucas verschwindet spurlos.

In der sechsteiligen schwedisch-dänischen Serie Snow Angels – Spuren im Schnee rollen die Autorin Mette Heeno und die Regisseurin Anna Zackrisson die Geschichte des Verschwindens und die Suche nach dem Baby akribisch auf, wechseln dabei geschickt die Zeitebenen. Zu sehen ist die Serie ab Samstag auf One und ab Sonntag in der ARD-Mediathek, gezeigt wurde sie dieses Jahr auch bei der Berlinale. Im Mittelpunkt steht die überforderte Mama Jenni, herausragend gespielt von Josefin Asplund (Vikings, Verblendung). Sie ist erschöpft, gestresst, zweifelt an ihrer Rolle als Mutter. Dieses zweite Kind wollte sie nie. Lucas ist anstrengend, Schlaftabletten helfen, Ruhe zu finden. Eine fatale Kombination.

Das Falsche tun

Ihr Mann Salle (Ardalan Esmaili) fürchtet, dass sie wieder Drogen nimmt, versucht zu Geld zu kommen, will für seine Familie sorgen, sie mit allen Mitteln zusammenhalten. Er meint es gut, macht aber doch das Falsche. In Rückblenden erfahren wir mehr über die Familie und ihren Hintergrund. Und auch über die Kommissarin Alice (Eva Melander), die den Fall untersucht. Sie ist eine, die sich kein Blatt vor den Mund nimmt, ehrgeizig ist, keine Kinder hat, sich auch keine wünscht. Aber auch ihr Leben hat so seine Schattenseiten, die nach und nach ans Licht kommen.

Verwickelt in den Fall ist auch die Kinderkrankenschwester Maria (Maria Rossing), eine warmherzige, aber einsame Frau, die schon früher die Überforderung von Jenni und Salle an das Jugendamt meldete, gehandelt wurde damals nicht. Die Serie ist nicht nur ein spannender Krimi, sie ist auch ein sehenswertes gesellschaftspolitisches Drama über Elternschaft, anerzogene Rollenbilder, Schuld und Verantwortung. (Astrid Ebenführer, 18.11.2021)