Wer im Gesundheitssektor die Impfung verweigert, dem drohen Verwaltungsstrafen – und im Extremfall die Entlassung.

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Der vielbeschäftigte und unter Dauerbeschuss des Koalitionspartners stehende Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ließ vergangene Woche mit der Ankündigung aufhorchen, eine Pflicht zur Covid-19-Impfung für Gesundheitspersonal einzuführen. Diese – von der Bioethikkommission bereits im Mai 2021 geforderte – Maßnahme sollte wohl angesichts der derzeit dramatischen Zustände in den Spitälern und der sich häufenden Ausfälle beim medizinischen Personal eher früher als später kommen. Ein offizieller Gesetzesentwurf lässt bislang aber auf sich warten; der Gesundheitssprecher der Grünen verwies in einer Sondersendung zur Gesundheitskrise am Montag darauf, dass "etwas in Ausarbeitung" sei.

Dennoch kursiert der Erstentwurf eines "Bundesgesetzes über Schutzimpfungen gegen Sars-CoV-2" mit Stand 12. November bereits in politischen Kreisen und bei den Spitalsbetreibern. Auch die Landeshauptleute wurden mittlerweile offenbar eingeweiht. Der Prozess ist freilich höchst intransparent.

Es geht nur noch um das Wie

Bereits im Vorfeld mehren sich natürlich Proteste gegen die Impfpflicht, sowohl von den betroffenen Berufsgruppen als auch von der FPÖ und Impfgegnern. Dass eine Impfpflicht in besonderen gesundheitlichen Bedrohungssituationen aus grundrechtlicher Sicht zulässig sein kann, ist an sich geklärt. Umso mehr natürlich, wenn sie nur für besonders kritische Berufsgruppen eingeführt wird, an deren vorderster Front natürlich die Gesundheits- und Pflegeberufe stehen. Es geht also nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie der Umsetzung.

Der derzeitige Entwurf sieht eine Verpflichtung zur Impfung gegen Sars-CoV-2 samt Verpflichtung zur Auffrischungsimpfung – also dem "Drittstich" – für die Angehörigen (m/w/d) folgender Berufsgruppen vor: Ärzte, Hebammen, Gesundheits- und Krankenpfleger, medizinische Assistenzberufe, Physiotherapeuten, Sanitäter, Zahnärzte und zahnärztliche Assistenten sowie Angehörige der Sozialbetreuungsberufe.

Warum nicht auch das Lehrpersonal?

Nicht betroffen sind Elementarpädagogen und Lehrpersonal. Die Vorsitzende der Bioethikkommission weist aufgrund der noch fehlenden Zulassung des Impfstoffs für Kinder zwischen fünf und elf Jahren und der fehlenden Impfmöglichkeit für noch jüngere Kinder zu Recht darauf hin, dass die Zwangsimpfung des betreuenden, erwachsenen Personals gegenüber einer Immunisierung der Kinder zu bevorzugen wäre. Auch für die Akzeptanz der Maßnahme wäre es für den Gesundheitsminister wohl leichter, sich nicht nur auf das wirklich geplagte Gesundheitspersonal zu fokussieren, sondern allgemein Berufsgruppen mit erhöhtem Risiko für sich und andere (insbesondere vulnerable Gruppen) in die Impfpflicht aufzunehmen.

Neben dem Betroffenenkreis spannend ist natürlich, wie die Impfpflicht durchgesetzt werden soll. Der Entwurf aus dem Gesundheitsministerium setzt hier offenbar auf eine Überprüfung durch die Bezirksverwaltungsbehörden, die aus Gesundheitsregister, Ärzteliste und Dienstgeberauskünften sowie einem Abgleich mit dem Impfregister den Personenkreis der Impfpflichtigen erheben sollen. Außerdem sind Kontrollen der Behörden am Arbeitsplatz vorgesehen, wo der Impfnachweis jederzeit bereitzuhalten ist. Explizit ausgeschlossen ist die Durchsetzung der Impfpflicht durch physischen Zwang.

Was Impfverweigerern droht

Bei Verweigerung der Impfung drohen nach dem Gesetzesentwurf Verwaltungsstrafen bis zu 3.600 Euro. Die Verweigerung der Auffrischungsimpfung wird mit 1.450 Euro bestraft. Gestraft werden aber nur die Impfpflichtigen und nicht etwa auch deren Arbeitgeber, was in einem auffälligen Gegensatz zu bisherigen Pandemiebekämpfungsmaßnahmen steht, wo neben dem säumigen Nachweispflichtigen immer auch derjenige bestraft wird, der ihn ohne Nachweis zum Beispiel ins Wirtshaus oder in die Betriebsstätte lässt.

Ein Berufsausübungsverbot für die genannten Gruppen und/oder allfällige Konsequenzen für Arbeitgeber, die ungeimpfte Arbeitnehmer weiterhin beschäftigen, ist nach dem Erstentwurf offenbar nicht geplant. Damit entsteht einerseits der Eindruck, dass sich die Betroffenen durch (einmalige?) Zahlung von 3.600 Euro von der Impfpflicht "freikaufen" können. Zum anderen stellt sich aber bei den Arbeitgebern von Angehörigen der Gesundheitsberufe die Frage, wie mit Impfverweigerern am Arbeitsplatz umzugehen ist.

Arbeitsrechtliche Klärung

Zunächst hat die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht sicherlich zur Folge, dass aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht mehr zur Diskussion steht, ob Arbeitnehmern dieser Berufsgruppen eine Weisung, sich einer Schutzimpfung gegen Sars-CoV-2 zu unterziehen, erteilt werden darf. Dem Arbeitgeber kommt nach dem Entwurf auch ein eigenes Kontrollrecht hinsichtlich des Impfnachweises zu.

Eine beharrliche Verweigerung gegen die gerechtfertigte Anordnung der Impfung des Arbeitgebers führt dann wohl unweigerlich zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den jeweiligen Arbeitnehmer; von der Dienstfreistellung ohne Entgeltfortzahlung bis unter Umständen sogar zur Entlassung. Immerhin führt die gesetzlich normierte Verpflichtung ja zu einer – wenn auch nur verwaltungsrechtlichen – Strafbarkeit jener Arbeitnehmer, die sich nicht impfen lassen, und kann diese für sich bereits eine Vertrauensunwürdigkeit begründen, wenn sie – wie hier – im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht.

Temporäres Berufsverbot für verweigernde Ärzte?

Unklar bleiben aber jedenfalls die Konsequenzen für Ärzte im niedergelassenen Bereich, selbstständige Masseure, Physiotherapeuten, Hebammen et cetera. Es kann wohl nicht im Sinne einer effektiven Pandemiebekämpfung liegen, wenn hier nicht zusätzlich zur Verwaltungsstrafe auch ein – temporäres – Berufsverbot verhängt werden könnte. Das kann und muss sowohl über das jeweilige Berufsrecht als auch in Zusammenspiel mit der gesetzlichen Sozialversicherung geregelt werden; schließlich könnte auch eine Kassenärztin mit Versorgungsauftrag eine Impfverweigerin sein.

Abschließend noch ein Wort zum Gesetzwerdungsprozess: Es bleibt zu hoffen, dass die Impfpflicht für Gesundheitsberufe – so sinnvoll und überfällig sie ist – kein Testballon für eine ausgeweitete oder generelle Impfpflicht ist. Wenn der Gesetzgeber diese umsetzen möchte – wofür derzeit sehr vieles spricht –, wäre ein kurzer, transparenter Diskurs unter Einbeziehung von Expertinnen und Zivilgesellschaft dringend vonnöten. Verstecken kann sich der Gesetzgeber bei diesem Thema nicht. (Katharina Körber-Risak, Laura Kronlachner, 18.11.2021)