Elke Kahr ist nun Bürgermeisterin von Graz. Die Kommunistin regiert an der Spitze einer Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ.

Foto: der plankenauer

Graz – Die neue Grazer Bürgermeisterin – und Nachfolgerin des seit 2003 amtierenden Siegfried Nagl (ÖVP) – heißt Elke Kahr von der KPÖ. Sie wurde Mittwochmittag von den 28 Mandataren der Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ im 48-köpfigen Gemeinderat, der sich aus Covid-Präventionsgründen in der Grazer Messe konstituiert hatte, im ersten Wahlgang gewählt. Sie nahm die Wahl an.

Frostiger Empfang von der ÖVP

Es war kein netter, sondern ein recht frostiger Empfang, den die ehemalige Bürgermeisterpartei ÖVP der neuen Bürgermeisterin bereitete. Der neue ÖVP-Chef Kurt Hohensinner bedauerte, dass nach 18 Jahren ÖVP-Vorherrschaft nun "das Heft des Handelns an die Kommunistische Partei unter Elke Kahr" weitergegeben werde. Es sei ihm und seiner Partei unmöglich, Kahr zur Bürgermeisterin zu wählen. Die KPÖ habe sich entschieden, mit den Grünen und der SPÖ eine "linkslinke Koalition" zu bilden und "den Weg der Mitte" zu verlassen. Ob diese extrem linke Koalition überhaupt von den Bürgerinnen und Bürgern gewünscht worden sei, würden die nächsten Monate zeigen.

Pflegestadtrat Robert Krotzer (KPÖ) hatte zuvor den Wahlvorschlag für Kahr eingebracht. Er zitierte einige Bürgerreaktionen auf ihr Wirken und hob die rund 5.300 Vorzugsstimmen für sie bei der Wahl am 26. September hervor. "Mit ihr wird eine Frau, eine Kommunistin und eine Arbeitertochter aus der Triestersiedlung Bürgermeisterin. Sie hielt sich nie für etwas Besseres und hat stets das Gespräch und den Kontakt zum Bürger gesucht", sagte Krotzer. Die Mehrheit der Grazer habe sich trotz aller Verteufelungen Kahrs nicht "verwählt", sondern eine klare Entscheidung getroffen. Die Verteilung der Ressorts auf die Stadtsenatsparteien drücke eine neue politische Kultur aus, das sei in der Vergangenheit nicht immer selbstverständlich gewesen. Er freue sich auf eine gute Zusammenarbeit aller Parteien.

Wirren um Stellvertretung

Bei der Wahl von Kahrs Stellvertreterin spießte es sich erwartungsgemäß. Denn die ÖVP beanspruchte diese Position als zweitstärkste Kraft für sich und ihren Chef Hohensinner. Seitens der KPÖ hieß es jedoch, dass dieser Wunsch "in Gesprächen nicht deutlich gemacht" worden sei. Die Grünen verwiesen wiederum darauf, dass auch ÖVP und FPÖ im Jahr 2017 nicht Kahr zur Vizebürgermeisterin gemacht hatten, nachdem die KPÖ bei der Gemeinderatswahl den zweiten Platz belegt hatte.

Im ersten Wahlgang für die Stellvertretung wählten ÖVP und FPÖ am Mittwoch Hohensinner, was keine Mehrheit fand: 29 ungültige, 17 gültige Stimmen. Dann der Schwenk der ÖVP, den Hohensinner so begründete: Man habe die KPÖ herausfordern wollen, sprich an Kahrs Versprechen erinnern. Nun schlage man Judith Schwentner von den Grünen vor, der man alles Gute wünsche. Schwentner selbst hatte vor Beginn der Sitzung gar nicht mit einer Wahl am Mittwoch, sondern erst nach einer erwarteten Vertagung auf Donnerstag gerechnet. Schließlich wurde sie auf Anhieb mit 42 gültigen und vier ungültigen Stimmen – deutlicher als Kahr – gewählt. Sie nahm die Wahl an. (mue, APA, 17.11.2021)