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Das Gebäude des Supreme Courts in der Hauptstadt Neu-Delhi.

Foto: Reuters / ANUSHREE FADNAVIS

Die Aufregung war groß, als im Jänner das Oberste Gericht in der indischen Metropole Mumbai einen Mann vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer Zwölfjährigen freisprach. Die Richterin argumentierte damals, dass es nur sexuelle Belästigung gewesen sei, da der Mann nicht die Haut des Kindes berührt, sondern ihren Busen über ihren Pyjama begrapscht hatte.

Rechtsexperten – darunter der Staatsanwalt von Delhi – sprachen von einem "gefährlichen Präzedenzfall" und riefen den Supreme Court an. Dieser entschied am Donnerstag, dass Hautkontakt keine Voraussetzung für Missbrauch sei. Vielmehr müssten Richterinnen und Richter bei solchen Fällen auf die Intention des Täters oder der Täterin achten.

Haftstrafe für Täter

"Der Zweck des Gesetzes kann nicht sein, dass die Menschen der Schlinge des Rechts entkommen", heißt es in der Urteilsbegründung des Supreme Courts. Nun muss der Verurteilte die ursprünglich verhängte dreijährige Haftstrafe antreten.

Kritiker des Jänner-Urteils sahen es vor allem als problematisch an, dass es um Kinder geht, die oft Missbrauch und Belästigung nur schwer ansprechen können. Und das in einem Land, in dem Gewalt an Kindern ein massives Problem ist. Die BBC zitiert eine Regierungsstudie aus dem Jahr 2007, wonach zwei Drittel aller Kinder in Indien körperlich misshandelt und mehr als die Hälfte sexuell missbraucht werden. Im vergangenen Jahr wurden rund 43.000 Missbrauchsfälle registriert. Das ist ein Fall alle zwölf Minuten. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich noch viel höher. (bbl, 18.11.2021)