Der harte Lockdown in Salzburg und Oberösterreich wird die Straßen wie hier in der Getreidegasse wieder leerfegen.

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Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) spricht am Donnerstagnachmittag noch mit medizinischen Experten des Landes.

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Mit heftigen Debatten über das oberösterreichische Corona-Management war zu rechnen, doch Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) servierte bei der Sitzung des oberösterreichischen Landtags am Donnerstagvormittag den Abgeordneten eine handfeste Überraschung: Man habe nicht "viel Spielraum", und er sei für bundesweite Maßnahmen. Sollte jedoch kein einheitliches Vorgehen der Bundesregierung gemeinsam mit allen Ländern gelingen, "das deutlich über das derzeit in Oberösterreich geltende Schutzniveau reicht", werde man im Bundesland selbst weitere Schritte setzen, "um die medizinische Versorgung in den Spitälern zu stabilisieren und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Spitälern vor Überlastung zu schützen".

Das heißt konkret: Lockdown ab Montag für "mehrere Wochen", sagte Stelzer. Das sei eine drastische Maßnahme, aber notwendig, damit die Spitäler ihren Aufgaben nachkommen können.

Stelzer will sich bei der Landeshauptleutekonferenz am Freitag aber auch "für ein bundesweit einheitliches und hartes Vorgehen" starkmachen, teilte er am Donnerstag mit. Für Donnerstagnachmittag hat er das medizinische Expertenboard des Landes zu Beratungen über die weiteren Schritte einberufen. "Obwohl wir in Oberösterreich bereits mehrmals zusätzliche Verschärfungen vorgenommen haben, ist die Corona-Lage noch immer sehr dramatisch", so Stelzer.

Auch in Salzburg hat das Land den Lockdown für alle bereits verkündet. Dieser werde für die gesamte Bevölkerung und für alle Bereiche gelten. "Wir haben heute erneut eine enorme Zahlenentwicklung. Wir sehen keine Alternative zu einem Lockdown mit Beginn nächster Woche mehr", sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

Der Lockdown soll ab Montag für drei bis vier Wochen gelten, wie Haslauer in einer Pressekonferenz am Nachmittag bestätigte. Hotels, Gastronomie und der Einzelhandel schließen. "Die aktuelle Situation erfordert diesen Schritt", erklärte Haslauer. "Ich habe darum gekämpft, dass wir nicht in einen Lockdown gehen. Bei diesen Zahlen ist aber eine Überlastung der Krankenanstalten absehbar." Die zuletzt gesetzten Maßnahmen von Bund und Land Salzburg würden nicht so schnell greifen, wie man sich erhofft habe. "Wir brauchen auch Zeit, dass die gut laufenden Impfungen ihre Wirkung entfalten."

Faßmann gegen Schulschließungen

An den Schulen wird es weiterhin Unterricht geben, Eltern seien aber aufgerufen zu überprüfen, ob ein "dringender Bedarf" bestehe. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hatte zuvor noch einmal betont, dass die Schulen geöffnet bleiben müssten.

Aus epidemiologischer Sicht werde "nirgends so systematisch getestet" wie in den Bildungseinrichtungen, heißt es aus dem Ministerium. Aus pädagogischer Sicht wolle man "weitere Belastungen für Schülerinnen und Schüler" nach bald zwei Jahren Pandemie vermeiden. Außerdem müsse zur Entlastung des Gesundheitspersonals eine Betreuungsmöglichkeit an den Schulen aufrechterhalten bleiben. Denn, so heißt es aus dem Ministerium auf Nachfrage, die Landeshauptleute könnten selber nur die Schulen schließen. Distance-Learning mit gleichzeitiger Betreuung der Kinder und Jugendlichen könne nur der Bildungsminister verordnen.

Aus diesem Grund hat Faßmann den Ländern auch zusätzliche Maßnahmen für den Schulbetrieb vorgeschlagen: Maskenpflicht in allen Schulstufen, wobei die Älteren in der Oberstufe eine FFP2-Maske tragen müssen – vor allem bei Jüngeren soll es Maskenpausen geben. Die Testung aller ungeimpften und geimpften Schülerinnen und Schüler soll bis zum Ende des Lockdowns aufrechterhalten bleiben. Außerdem soll es einheitliche Quarantäneregeln in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium geben: Der "Indexfall" geht in Quarantäne, Mitschülerinnen und Mitschüler tragen Maske.

Für Schülerinnen und Schülern soll es auch die Möglichkeit eines entschuldigten Fernbleibens während des Lockdowns geben. Dafür sollen die bekannten Lernplattformen genutzt werden können: Der Lehrstoff wird nach Möglichkeit auf die von der Schule genutzte Lernplattform gestellt, als Unterstützung für Schülerinnen und Schüler, die zu Hause bleiben.

Hochrisiko-Krebspatienten müssen auf OPs warten

Die Lage in den Spitälern hat sich in den letzten Tagen immer weiter zugespitzt. In Salzburg ist nun der Ernstfall eingetreten. Eine harte Triage stehe nicht mehr bevor, sondern sei bereits gelebte Realität, bestätigt der ärztliche Leiter der Barmherzigen Brüder, Friedrich Hoppichler, dem STANDARD einen Bericht der "Salzburger Nachrichten". "Ab jetzt können gewisse Operationen von Karzinompatienten nicht mehr zeitgerecht durchgeführt werden", sagt Hoppichler. Die Bettensituation sei aufgrund der Kapazitäten, die für Covid-Patienten benötigt werden, so angespannt, dass keine Intensivbetten mehr frei seien und Personal fehle. Der Geschäftsführer des Spitals, Arno Buchacher, habe das in einer schriftlichen Anzeige an Gesundheitslandesrat Christian Stöckl (ÖVP) gemeldet.

Laut Ages-Dashboard waren in Salzburg am Mittwoch nur noch neun Intensivbetten frei. Das entspricht einer Auslastung von 93 Prozent. 32 Covid-Patienten müssen derzeit auf Intensivstationen behandelt werden. Das ist in Salzburg der Höchststand seit Beginn der Pandemie.

Strengere Maßnahmen in Wien

In Wien ist die Situation derzeit noch entspannter als im Westen. Am Donnerstag wurden trotzdem 1.980 Neuinfektionen gemeldet. 326 Menschen, 73 mehr als am Vortag, mussten aufgrund einer Covid-Infektion behandelt werden. 101 Personen lagen mit Corona auf einer Intensivstation. Insgesamt 19 Personen, das sind etwa fünf Prozent, die in einem Wiener Spital wegen einer Corona-Infektion behandelt werden, gelten als Gastpatientinnen oder Gastpatienten – sprich: Sie kommen aus einem anderen Bundesland. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will jedoch, "solange es möglich ist", auch "solidarisch bleiben" und Patientinnen und Patienten, die nicht aus Wien kommen, aufnehmen, wie er im STANDARD-Interview betonte.

Am Freitag treten in Wien strengere Maßnahmen in Kraft. So wird in der Nachtgastronomie und bei Veranstaltungen ab 25 Personen eine 2G-plus-Regel vorgeschrieben. Das heißt: In die Clubs dürfen nur noch Personen, die geimpft oder genesen sind und zusätzlich einen negativen PCR-Test vorweisen können. Mit den strengeren Regeln will man in der Hauptstadt eigentlich durch den Winter kommen. Weitere Verschärfungen schließt aber auch Ludwig nicht aus. "Prinzipiell kann man in der jetzigen Phase der Pandemie überhaupt nichts ausschließen", sagte Ludwig. "Das werden wir am Freitag bei der Landeshauptleutekonferenz besprechen müssen. Man muss Maßnahmen setzen, bevor man in die Situation kommt, wo auch das Setzen von radikalen Maßnahmen zu spät kommt."

Nein aus Tirol

Ablehnend zeigte sich hingegen Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Es gelte die bisherige Position des Landeshauptmannes, hieß es aus dem Büro Platters zur APA. Platter hatte einen allgemeinen Lockdown bisher stets vehement abgelehnt – und darauf gedrängt, den Fokus vor allem auf das In-die-Höhe-Treiben der Impfquote zu legen. (Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, Oona Kroisleitner, APA, 18.11.2021)