Wenn ein RSb-Brief bei der Post liegt, weiß man, es ist ernst. Erste Befürchtungen, ich sei zu schnell gefahren oder im Parkverbot gestanden, erübrigten sich aber auf den ersten Blick. Eine Zeugenvorladung. Immer wieder etwas Neues.
Das Datum des Vorfalls sagte mir nichts. Und ich bin mir sicher, dass ich mich an eine Straftat, die ich gesehen haben soll, erinnern könnte. Auch der Gegenstand half nicht: "Abholschein".
Ich erreichte die zuständige Richterin zum Glück telefonisch, die mir Auskunft geben konnte. Scheinbar war jemand mit einem Abholschein erwischt worden, der meinen Namen und meine Adresse trug. Den hatte er also einfach aus meinem Postkasten gefischt.
Und tatsächlich hatte ich vor einiger Zeit wochenlang auf ein Paket meiner Eltern gewartet. Wir dachten, es sei einfach ein Fehler der Post. Und als das Paket dann einige Zeit später wieder zu meinen Eltern retour kam, dachte ich mir nichts mehr dabei.
Langweiliger Film
Tatsächlich wollte der Langfinger mithilfe des Zettels mein Paket von der Post abholen. Manche davon warten ja in den Abholkästen und können einfach mit dem Scan des Codes rausgeholt werden.
Bei diesem hätte er sich aber die Zähne ausgebissen – meinen Ausweis hatte er nicht. Und selbst wenn, hätte er sich mit einer Jogginghose und einem grauen T-Shirt – dem Inhalt des Packerls – zufriedengeben müssen.
Die Verhandlung war unspektakulär. "Haben Sie einen finanziellen Schaden erlitten?", fragte die Richterin. "Nein", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Hat Ihr Postkasten einen Schaden erlitten?", fragte die Richterin. "Nein", antwortete ich wieder wahrheitsgemäß. Dann durfte ich gehen.
"War es so wie in den Filmen?", fragte Kollegin Zoidl nachher. Wenn man den langweiligsten Film der Welt schaut: Dann ja! (Thorben Pollerhof, 19.11.2021)