Die Hochschulen können selbst entscheiden, wie sie mit der Corona-Situation umgehen. Eine einheitliche Linie gibt es derzeit nicht.

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Ein Semester mit "vorwiegender Präsenzlehre": Diese Devise von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) bröckelt auch für die Studierenden weg. Den Anfang machten die Hochschulen im von Corona besonders betroffenen Oberösterreich: Im Lauf der Woche beschlossen etwa die dortige Pädagogische Hochschule, die Private Pädagogische Hochschule der Diözese Linz sowie die Fachhochschule Oberösterreich die Umstellung auf Onlinebetrieb bis Weihnachten.

Uni Innsbruck bis Jänner virtuell

Eine Aussendung der Johannes-Kepler-Universität Linz vom Mittwochabend, wonach "grundsätzlich die Präsenzlehre bestehen bleibt", wurde keine 24 Stunden später revidiert. Am Donnerstag lautete denn die neue Order: weitgehende Umstellung auf Distanzlehre ab Montag. Der Schritt falle der Uni schwer, doch "angesichts des dringlich erforderlichen Lockdowns in Oberösterreich leistet selbstverständlich auch die JKU (...) ihren Beitrag zu dieser Maßnahme", hieß es in einer Mail des Rektorats an die Studierenden. An sich sind die Hochschulen von Lockdown-Verordnungen rechtlich nicht betroffen, sie legen im Rahmen ihrer Autonomie eigene Corona-Regeln (Maske, Abstand, G-Nachweise, Lehrformate) fest. Vereinzelt sollen auch an der Linzer Uni weiterhin Präsenzkurse unter Einhaltung der 2,5G- Regel und mit FFP2-Masken-Pflicht stattfinden – etwa Laborübungen.

Die Universität Salzburg stellt ab Montag ebenfalls auf Digitalbetrieb um. Auch die Uni Innsbruck gab bereits vor Verkündung des bundesweiten Lockdowns am Donnerstag bekannt, dass ab kommender Woche "alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen wieder in virtueller Form" stattfinden – und zwar jedenfalls bis 9. Jänner. "Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, der aktuellen Entwicklung dieser Pandemie entgegenzuwirken", erklärte Rektor Tilmann Märk. Laborpraktika und Sportübungen sollen aber mit 3G-Nachweis und FFP2-Masken weiter vor Ort stattfinden.

Uni Wien verstärkt Distance-Learning

Auch die größte Uni des Landes, die Uni Wien, stellt mehr auf Distance-Learning um, wie im Laufe des Freitags bekannt wurde: Vorlesungen (nicht-prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen) werden generell auf digital umgestellt. Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen, die nur vor Ort stattfinden können, finden weiter vor Ort statt. Dabei gilt für alle Beteiligten: 2,5G und die Verpflichtung, einen aktuellen PCR Test vorzuweisen. Die FFP2- Maskenpflicht bleibt weiterhin aufrecht. Die gleiche Regelung gilt bei Prüfungen, die vor Ort abgehalten werden. Ansonsten: Homeoffice, wo möglich.

Noch am Montag, somit auch vor der Ankündigung des bundesweiten Lockdowns, sagte Rektor Heinz Engl im STANDARD-Interview, dass man "so lange wie möglich" mit Präsenzformaten weitermachen wolle, wobei die Uni Wien ohnehin knapp die Hälfte der Lehrveranstaltungen seit Semesterbeginn digital abhält. Damals hielt Engl eine Fortsetzung der Lehre vor Ort mit 2,5G-Regel und FFP2-Pflicht für "gangbar".

Noch nichts fix in Graz

Die Uni Klagenfurt, die vergangene Woche mit der Einführung der 2G-Regel für Wirbel sorgte, hat bis dato keine komplette Verlagerung des Lehrbetriebs angekündigt – große Vorlesungen sind freilich schon seit Semesterbeginn im Onlinemodus.

Für Überraschungen sorgt ein Blick auf die Website der Universität Graz. Während hierzulande so ziemlich alle anderen Corona-Ampeln tiefrot leuchten, steht die eigene Ampel der Uni Graz noch nicht einmal auf Orange, sondern auf Gelb. Bedeutet: bei 2,5G-Regel und FFP2-Maskenpflicht weiterhin Präsenzlehre mit theoretisch voller Hörsaalbelegung. Allerdings wird es ab kommender Woche jedenfalls Verschärfungen geben.*

Kontaktreduktion und Impfquote

An vielen Hochschulen wird derzeit auf Hochtouren beraten, wie es weitergehen soll. Weitere werden wohl auf hauptsächlichen Digitalbetrieb umstellen. Die Ernüchterung über die anstehende Entscheidung ist groß: Einerseits wollen die Leiterinnen und Leiter der Hochschulen beim eskalierenden Infektionsgeschehen die allgemeine Kontaktreduktion unterstützen; andererseits haben die Studierenden durch ihre sehr hohe Impfbereitschaft einen wichtigen Teil zur Pandemiebekämpfung beigetragen. Laut Statistik Austria waren Ende September bereits 82 Prozent der Studierenden im Alter zwischen 18 und 34 doppelt geimpft – und damit um 25 Prozentpunkte mehr als im Schnitt der entsprechenden Altersgruppe.

Ministerium empfiehlt Abwägung

Aus dem Wissenschaftsministerium von Heinz Faßmann hieß es am Freitag zum STANDARD, dass die Hochschulen weiterhin arbeiten und nicht geschlossen werden. Der Studienbetrieb solle aber an die jeweiligen epidemiologischen Umstände angepasst werden. Empfehlung des Ministeriums: "Was leicht auf einen digitalen Modus umgestellt werden kann, soll umgestellt werden. Nicht substituierbare Lehrveranstaltungen, Laborbetrieb sowie Prüfungen sollen weiterhin in der bisherigen Form stattfinden."

Die von einer linken Koalition aus VSStÖ, Gras und FLÖ geführte Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH) schreibt in einer Reaktion: "Wir Studierende haben eine der höchsten Impfquoten von 82 Prozent. Es kann nicht sein, dass unsere Hochschulen zu machen müssen, weil die Regierung das Pandemie-Management verschlafen hat. Unsere Bildung darf nicht ständig auf dem Spiel stehen." Die bundesweite Studierendenvertretung erwarte Solidarität in Form von sicheren Maßnahmen für den Hybridbetrieb und kein Zurück zu reiner Online-Lehre. "Der Hochschulbetrieb muss gesichert werden, das heißt, hybride Lehre weiter durchsetzen!"

Die Junos, die Studierendenorganisation der Neos, forderten am Freitag, dass die Hochschulen das bestehende Angebot an Präsenzformaten beibehalten. Durch die hohe Impfquote sei das möglich.

Die Junos rund um ihre Vorsitzende Sophie Wotschke forderten bei einer Aktion das Offenhalten der Hochschulen. Die Impfungen sei dafür der Schlüssel, besagt die Bildsymbolik.
Foto: Junos

Die Junos kritisierten folglich auch die Entscheidungen der Uni-Leitungen in Salzburg, Linz und Innsbruck zur Umstellung auf Digitalbetrieb. (Theo Anders, red, 19.11. 2021)