"Frau Kloth, warum verlegt der Ecco-Verlag nur Bücher von Frauen?", stellt man der Programmchefin des im Frühjahr 2021 gegründeten deutschen Verlags diese Frage, kommt sehr schnell und selbstverständlich eine Antwort: "Wir haben festgestellt", sagt sie, "dass wir alle zu wenige Bücher von Frauen im Regal stehen haben. Der Kanon war lange und ist noch immer mehrheitlich männlich dominiert, aber das ändert sich im Moment sehr stark."

Eva Baronsky, "Die Stimme meiner Mutter". 22,70 Euro / 400 Seiten. Ecco-Verlag, 2021
Cover. Ecco-Verlag

Zur Vorgeschichte: Der deutsche Ecco-Verlag steht in der Tradition der US-amerikanischen Ecco Press, eines Verlags, der 1971 gegründet wurde und Autorinnen und Autoren wie Joyce Carol Oates, Charles Bukowski oder Richard Ford förderte und jahrzehntelang die Literaturnobelpreisträgerin Louise Glück verlegte.

Seit 1991 gehört Ecco Press zu Harper Collins, und seit dem 50-Jahr-Jubiläum dieses renommierten US-Literaturverlags gibt es nun einen deutschen Ableger, und der verfolgt ein höchst zeitgemäßes Unterfangen. Unter dem Motto "Was wir lesen wollen" verlegt ein ausschließlich aus Frauen bestehendes Team ausschließlich von Frauen geschriebene Literatur.

Joyce Carol Oates, "Blond". Übersetzt von Uda Strätling, Sabine Hedinger, Karen Lauer. 26,80 Euro / 1024 Seiten. Ecco-Verlag, 2021
Cover. Ecco-Verlag

Das heißt: Buchdesign, Marketing, Pressearbeit und auch die Programmarbeit des Ecco-Verlags werden von fünf Frauen im Team erledigt. "Das ist ein schönes Miteinander", sagt Heide Kloth, die für ihre Programmierung der Titel immer eine gelungene Mischung aus deutschsprachig, international, Neuentdeckung und Klassiker im Blick hat.

So wurde gleich im ersten Halbjahr 2021 die deutsche Neuauflage von Joyce Carol Oates’ Roman Blond, einer fiktiven Erzählung über das eindrucksvoll traurige Leben der großen Hollywoodlegende und populären Männerfantasie Marilyn Monroe, zu einem Bestseller.

Oder mit dem Roman Die Stimme meiner Mutter haben 2021 die deutsche Schriftstellerin Eva Baronsky und Ecco dem höchst komplexen Leben der griechisch-amerikanischen Primadonna assoluta Maria Callas ein literarisches Denkmal gesetzt.

Wir schließen niemanden aus

Leila Mottley, "Nachtschwärmerin". Übersetzt von Yasemin Dincer. 22,70 Euro / 416 Seiten (erscheint April). Ecco-Verlag, 2022
Cover. Ecco-Verlag

Aber so weiblich dominiert der angebotene Stoff auch ist, die Rezeption soll sich bitte nicht auf Frauen allein beschränken: "Wir schließen niemanden aus", bekräftigt Programmchefin Kloth.

Frauen, erklärt sie, seien ja auch bestens und lange daran gewöhnt, Bücher von Männern zu lesen, also kann man umgekehrt auch davon ausgehen, dass männliche Leser Bücher von weiblichen Autorinnen lesen.

Die Rückmeldungen auf das erste Ecco-Jahr waren durchgehend positiv, und Heide Kloth blickt weiter in die Zukunft. Mit einer Neuauflage von Die Farbe Lila aus dem Jahr 1983 von Alice Walker, die dafür mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, setzt Ecco im November auf einen Klassiker, der nicht zuletzt durch seine Verfilmung mit Whoopi Goldberg berühmt wurde.

Bianca Nawrath, "Wenn ich dir jetzt recht gebe, liegen wir beide falsch". 22,70 Euro / 304 Seiten (erscheint jetzt im November). Ecco-Verlag, 2021
Cover. Ecco-Verlag

Experimenteller ist der ungewöhnlich witzige zweite Roman Wenn ich dir jetzt recht gebe, liegen wir beide falsch der jungen deutschen Autorin Bianca Nawrath, Jahrgang 1996, die über das Leben mit ihrer polnischen Sippschaft erzählt und der bei Ecco im kommenden Frühjahr erscheinen wird.

Noch einmal jünger, nämlich 2002 geboren, ist die aus Kalifornien stammende Leila Mottley, deren Debüt Nachtschwärmerin eine Geschichte über eine junge, schwarze Frau und Polizeigewalt gegen People of Color erzählt. (Mia Eidlhuber, ALBUM, 21.11.2021)