Der Bedarf an zusätzlichen Pflegekräften ist ungebrochen hoch, bis 2030 werden bis zu 100.000 zusätzliche Personen benötigt.

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Die Liste der Verbesserungsvorschläge bei der Pflegeausbildung ist lang. Aber "die Personalfrage ist die Schlüsselfrage bei der Pflegereform", sagt Othmar Karas, Präsident des Hilfswerks Österreich, eines der größten Anbieter sozialer Dienstleistungen. "Ohne Lösung des Personalmangels ist die Pflegereform reine Makulatur."

Dabei an der Ausbildungsschraube zu drehen sei aus Sicht des Hilfswerks eine besonders drängende Aufgabe. Immerhin werde das Gesundheits- und Pflegesystem bis 2030 bis zu 100.000 neue Arbeitskräfte brauchen, damit es zu keiner dramatischen Versorgungslücke komme, ergänzt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich. Zwar konnte die Pflege in den vergangenen Jahren einen überdurchschnittlich hohen Beschäftigungszuwachs verzeichnen, um den demografischen Wandel zu meistern, reiche das aber nicht aus.

Ausbildung

Wer beruflich im Pflegebereich Fuß fassen möchte, kann dies für den gehobenen Dienst nach einem dementsprechenden FH-Studium oder für einen Pflegeassistenzberuf nach einer Ausbildung an den verschiedenen Gesundheits- und Krankenpflegeschulen. Nur: Keine dieser Ausbildungen können Interessierte gleich nach dem Pflichtschulabschluss machen. Das Mindestalter für die Ausbildung im Bereich der Pflege ist 17 Jahre. Hier eine besser Anschlussmöglichkeit zu schaffen, sei, so Anselm, ein wichtiger Ansatzpunkt. Zwar sei eine Pflegelehre nach Schweizer Vorbild im Regierungsprogramm vorgesehen, eine Umsetzung lasse aber auf sich warten.

Es gebe zwar an sechs berufsbildenden höheren Schulen einen Schulversuch mit Pflegeausbildung mit dreijähriger oder fünfjähriger Dauer. Aus Sicht des Hilfswerks wäre aber eine flächendeckende Ausrollung der Ausbildung an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen mit mehr als 100 Standorten notwendig.

Umsteiger unterstützen

Verbesserungspotenzial gebe es auch für Umsteiger. Derzeit gebe es kein geeignetes Instrument, um Berufswechsler bei Ausbildungskosten und Lebensunterhalt zu unterstützen. Die Zeit der Umschulung müsse man sich "ohne große Hürden mit garantierter staatlicher Unterstützung leisten können", fordert Anselm. Wer aus einer Arbeitslosigkeit in den Pflegeberuf einsteige, werde mithilfe des Fachkräftestipendiums hier besser unterstützt.

Auch die beruflichen Perspektiven sollten vergrößert werden. "Mit der Höhe der Qualifikationsstufe nimmt der Personalmangel zu", sagt Anselm. Eine fachliche Weiterentwicklung liege im Interesse vieler Pflegekräfte. Hierfür wären österreichweit gleiche Standards bei der Anrechnung von Bildungsinhalten hilfreich und würden auch die Durchlässigkeit erhöhen. Darüber hinaus brauche es dafür auch finanzielle Unterstützung, von der man leben könne. Mit den bestehenden Möglichkeiten wie Bildungskarenz oder Bildungsteilzeit sei das für viele mit zu hohen finanziellen Einbußen verbunden.

Die Zulassung ausländischer Pflegekräfte sollte vereinfacht und beschleunigt werden. Vorbilder dafür sind, so das Hilfswerk, Deutschland, Großbritannien oder die Schweiz. Ohne zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen, werde der Pflegenotstand nicht zu bewältigen sein. Für Karas steht jedenfalls fest: "Die Pflege ist kein Fall für Sparmaßnahmen." (Gudrun Ostermann, 19.11.2021)