3,6 Prozent betrug die Inflation im Oktober in Österreich. Das ist ein Zehnjahreshoch.

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Die Preiserhöhungen bei Treibstoffen, Energie und Rohstoffen haben auch die Inflation im Jahresverlauf angetrieben. Und zwar deutlicher, als das erwartet worden war. In Österreich stieg die Teuerungsrate im Oktober auf 3,6 Prozent und erreichte damit ein Niveau wie zuletzt im November 2011. In Deutschland kletterte die Inflation im Oktober auf 4,5 Prozent und damit auf den höchsten Wert seit August 1993.

Experten sind sich nun uneins darin, ob dieser Preisanstieg ein nachhaltigeres Thema sein wird oder ob es sich aufgrund der aktuellen Lage, die von Lieferengpässen und einem Nachfrageboom gekennzeichnet ist, um ein vorübergehendes Preisphänomen handelt. Für ein rasches Ende des Preisanstiegs gibt es derzeit jedenfalls wenig Anzeichen.

Inflation nicht vom Tisch

Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), rechnet mit einem dauerhaft höheren Inflationsdruck. Zwar gebe es in den aktuellen Inflationsraten ohne Frage temporäre Effekte. "Dennoch muss man davon ausgehen, dass die Teuerung nicht zu Raten zurückkehrt, wie wir sie mal hatten mit zwischen einem halben und eineinhalb Prozent", sagt der Ökonom.

Felbermayr geht davon aus, dass in einzelnen Sektoren – etwa Heizenergie oder Lebensmittel – die Preiserhöhungen sehr viel höher ausfallen können als in anderen Segmenten. "Das trifft dann in höherem Maße Haushalte mit niedrigem Einkommen, die mehr konsumieren als Hochverdiener", sagt der Wifo-Chef.

Die Inflationsrate lag im Corona-Krisenjahr 2020 in Österreich noch bei 1,4 Prozent. Seit Mai 2021 begann die Teuerungsrate zu steigen und erreichte im September mit 3,3 Prozent bereits ein Zehnjahreshoch.

Preisdruck

Dass der wirtschaftliche Aufholprozess mit einer gesteigerten Nachfrage nach den Lockdowns auch zu Preiserhöhungen führt, ist für Peter Brezinschek, Chefanalyst bei Raiffeisen Research, zwar normal und erklärbar. In einigen Bereichen – etwa bei Dienstleistungen – sehe man derzeit mehr oder minder kräftige Preissteigerungen. Eine echte Inflation sei das laut Brezinschek jedoch noch nicht.

Gefahren sieht der Ökonom dennoch. Die Lieferengpässe führen zu Preisdruck. Unternehmen überdenken daher bereits ihre Lagerpolitik. Der Trend geht weg von der Just-in-time-Lieferung hin zu einer Aufstockung der Lager, um stabiler produzieren zu können.

Doch volle Lager verursachen auch Kosten, so der Ökonom. Die demografische Entwicklung mit einer zunehmend alternden Gesellschaft, einer sinkenden Zahl an verfügbaren Arbeitskräften und einer steigenden Zahl an Pensionisten bereitet Brezinschek Sorgen.

Ein kleiner werdender Pool an Arbeitskräften könnte allmählich zu einem Lohndruck nach oben führen. Obendrein dürften die geplanten CO2-Steuern für einen weiteren Preisschub sorgen. Für die kommenden zwölf bis 24 Monate erwartet Brezinschek in den großen entwickelten Volkswirtschaften zunächst sinkende Teuerungsraten. Über einen Zeitraum von zehn Jahren sei aber mit einer höheren Inflation zu rechnen als in den vergangenen zehn Jahren. (Bettina Pfluger, Magazin "Portfolio", 2.12.2021)