Next Bundespräsident? Der Wiener Punkmusiker möchte 2022 kandidieren und Van der Bellen nachfolgen.
Foto: Georg Wilke

Im Sommer impfte er bei seinem Konzert, zuletzt forderte er "unpopuläre Maßnahmen" in Hinblick auf die Corona-Pandemie. Dominik Wlazny alias Marco Pogo ist Leadsänger der Punkrock-Band Turbobier, studierter Mediziner, Gründer der Bierpartei und jetzt Buchautor. 2022 möchte er sogar als Bundespräsident kandidieren. Die Videoversion dieses StandART-Gesprächs finden Sie hier.

STANDARD: Sie kritisieren die Corona-Politik in Österreich. Was hätten Sie denn anders gemacht?

Pogo: Offen und ehrlich kommuniziert und Entscheidungen getroffen, die Hand und Fuß haben. Anscheinend gab es in der Koalition derartige Grabenkämpfe, die es lange verunmöglicht haben, etwas fürs Volk zu tun. Das macht mich so grantig, da brauch ich gleich ein Bier.

STANDARD: Was für Entscheidungen wären das dann gewesen?

Pogo: Die Intensivstationen gehen ein unter dieser Last. Es hätte schon viel früher eine drastische Kontaktreduktion gebraucht. Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig, weil unsere Politiker es verschlafen haben, zeitgerecht gescheite Dinge zu machen. Ich bin auch als Geimpfter dafür, dass jetzt Ärztinnen und Krankenpfleger und all die, die unter einer massiven Belastung stehen, den Rücken frei bekommen. Wenn wir Experten-Warnungen als potenzielle Unwahrheit verteufeln, dann können wir uns alle eingraben. Das ist ein gesellschaftlicher Akt der Solidarität.

STANDARD: Im Sommer haben Sie beieinem Ihrer Konzerte Menschen im Publikum gegen Corona geimpft. Sehen Sie sich als Mann des Volkes?

Pogo: Nein, gar nicht. Impfen ist eigentlich nicht meine Aufgabe. Aber wenn ich jemanden überzeugen kann, sich impfen zu lassen, dann mache ich das. Ich hab auch an einer Polytechnischen Schule Impfaufklärung gemacht. Da war vorher keiner und hat mit den Jugendlichen geredet: Die haben einen Haufen Fragen. Warum muss ich dort sitzen? Dieses Schas-Corona-Teil ist ja nicht unerwartet über uns hereingebrochen. Es gibt genügend politische Entscheidungsträger, die sich darum kümmern müssten.

STANDARD: Sie wollen 2022 für das Amt des Bundespräsidenten kandidieren. Warum?

Pogo: Es ist an der Zeit für einen Generationswechsel an der Staatsspitze. Ich glaube, dass das Amt des Bundespräsidenten durchaus gemütlich ist, wenn grad nicht die ÖVP an der Macht ist. Van der Bellen hätte wie der Fischer Heinz ein ruhiges Leben haben können, die Türkisen und ihre Freunde haben ihm da reingeschissen.

STANDARD: Abseits der politischen Bühne waren Sie zuletzt mit Konzerten und Lesungen aktiv. Könnte Ihnen das alles zu viel werden?

Pogo: Mit meiner ausgewogenen Work-Bier-Balance fahre ich aktuell ganz gut.

STANDARD: Wie sieht die aus?

Pogo: Zum Wirten gehen, Arbeit vermeiden, spät schlafen gehen und spät aufstehen.

STANDARD: Wenn Sie sich entscheiden müssten: Musik oder Politik?

Pogo: So wie es aussieht, muss ich mein Dasein als Musiker ohnedies wieder auf Eis legen. Ich glaub, mein Land braucht mich jetzt!

STANDARD: In Ihrem neuen Buch "Gschichtn" mischen Sie wilde Erlebnisse mit Lebensweisheiten und Saufgeschichten. Sehen Sie sich als Vorbild?

Pogo: Nein, als abschreckendes Beispiel (lacht). Ich hab das Saufen nicht erfunden und mache eine satirische Abhandlung der österreichischen Mentalität. Aber es ist wichtig, dem Thema bewusst zu begegnen. Ich habe selbst auf einer Gastroenterologie gearbeitet und weiß, wie sich zu viel Alkohol auf den menschlichen Körper auswirken kann.

STANDARD: Sie dementieren, dass Ihre Partei Satire ist. Wie lange dient Humor als Hilfsmittel, und wann hört der Spaß auf?

Pogo: Die Grenze ist wahrscheinlich am Ballhausplatz erreicht. Als Kanzler könnte ich nicht mehr so viele lustige Bilder posten. Aber ich hoffe, dass diese Art von Humor nie vorbei ist. In meinem ersten politischen Jahr habe ich durchaus viele vernünftige Anträge gestellt.

STANDARD: Sie machen sich auch fürKulturthemen stark. Was haben Sie bisher erkämpft?

Pogo: Zum Beispiel haben wir das Budget der Musikschulen in der Donaustadt erhöht, um auch sozial schwächeren Kindern den Zugang zu Musikunterricht zu ermöglichen.

STANDARD: Bekannt ist Ihre Partei aber eher für Aktionen wie die Errichtung der Bierbrunnen ...

Pogo: Was an einem Bierbrunnen nicht vernünftig ist, verstehe ich nicht. (lacht)

STANDARD: Inwiefern müssen Sie sich als Bezirksrat den bürgerlichen Konventionen beugen?

Pogo: Zum Glück gar nicht. Ich mach meine Anträge, gehe mit allen respektvoll um und sage meine Meinung. Wenn es einen guten Antrag einer anderen Fraktion gibt, stimme ich zu – auch der FPÖ. Politik ist der Wettkampf der guten Ideen. Politik kann unkonventionell sein. (INTERVIEW: Katharina Rustler, 20.11.2021)