Feuer mit Feuer bekämpfen? Nicht wirklich schlau, würde man meinen. Im Falle der verheerenden Waldbrände, die weite Teile der Welt seit einigen Jahren immer öfter gefährden, könnte aber ausgerechnet das fehlende Feuer das Problem sein. Worum geht's? Experten sagen, dass infolge einer rigorosen Brandunterbindung der Natur ihre natürlichen Brandzyklen abgehen. Daher staut sich immer mehr natürlicher Brennstoff, etwa Blätter und Rinde, auf den Böden zusammen. Diese wiederum fungieren dann als regelrechte Brandbeschleuniger, die zur schnellen, unkontrollierbaren Ausbreitung von Waldfeuern führen. Gerade in von einer starken Abwanderung betroffenen Regionen sind die Effekte am stärksten zu beobachten.

Nun will man der Natur nicht völlig freien Lauf lassen, aber auch das kontrollierte Abfackeln von Wäldern ist gefährlich und äußerst kostspielig. Nicht nur im Westen der USA entdeckt man deshalb Schafe gerade wieder als natürliche Mähmaschinen. Sechs der sieben größten Waldbrände Kaliforniens ereigneten sich binnen der vergangenen zwei Jahre. Waldbrandexperten schlagen längst Alarm, und mittlerweile sind viele überzeugt, dass es eben nicht "nur" mit dem Klimawandel zu tun habe, sondern auch mit einer mangelhaften Beweidung der Flächen. Die Firma Cuyama Lamb hat sich deshalb auf die Vermietung ihrer Schafe zur Brandgefahrenreduktion spezialisiert – alternativ grasen die Tiere auch zwischen Obstplantagen oder anderen Weideflächen zur ökologischen Restauration, wie es heißt.

Brandverlangsamer Kot

Die Einsatzmöglichkeiten für die Schafe abseits der gewohnten Felder sind tatsächlich gegeben. So können sie nicht nur stark zugewachsene Wälder freifuttern, um Einsatzkräften in unwegsamem Gelände Zugang zu verschaffen. Sie können auch von Feuerwehrleuten gezielt in Bereiche getrieben werden, um schnell eine feuersichere Schneise zu schaffen, sodass Brände eventuell eingedämmt werden können. Neben der natürlichen Beseitigung des Brennstoffs wirken sich zusätzlich die Stoffwechselendprodukte der Schafe brandhemmend aus, bestätigen etwa Forschende der Universität Kalifornien. "Man muss alle uns verfügbaren Mittel dazu nutzen, unsere Wälder und Wiesen im gegenseitigen Interesse zu konservieren", heißt es von der Schaf-Vermietungsfirma.

Eine erste Trainingseinheit als zukünftiges Feuerwehrschaf? Gut möglich ...
Foto: AFP / Scarff

Auch das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung untermauerte die Bedeutung der traditionellen Beweidung durch die Pflanzenfresser in einer kürzlich veröffentlichten Studie. Das könne sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität von Waldbränden verringern, vor allem aber die "unkontrollierte Ausbreitung von Bränden verhindern", da die von den Tieren freigefressenen Flächen als natürliche Brandschneisen fungieren. In dringenden Fällen könnten die Tiere um mechanische Mittel ergänzt werden.

Schafe > Kühe

Ziege und Schafe schnitten in der Studie besser als Kühe ab, weil diese neben Gras eben auch härtere Materialien wie Büsche fressen würden. Mit dem Naturschutz sei es ohnehin gut kombinierbar und auch äußerst kosteneffizient, weshalb sich die Forscher für eine Förderung solcher Projekte aussprachen. Es gelte aber auch zu akzeptieren, "dass Brände natürliche Prozesse sind, die für viele Ökosysteme wichtig sind, und wir müssen lernen, bis zu einem gewissen Grad mit ihnen zu leben", so die Forschenden.

Forschende der Yale University legten am Donnerstag mit einer weiteren Studie nach. Sie fanden Beweise, dass sich zur Zeit des bisher letzten großen Massensterbens von Pflanzenfressern vor zehntausenden Jahren die Häufigkeit von großen Waldbränden dort besonders stark steigerte, wo am meisten Pflanzenfresser verendeten – nämlich in Südamerika. Im Gegensatz dazu breiteten sich die Feuer dort, wo am wenigsten Tiere starben – in Afrika –, am wenigsten stark aus.

Im Endeffekt ist es also eine Rückbesinnung auf die traditionelle Waldbeweidung durch Schafe und Ziegen, aber auch Schweine oder Rinder, die früher in vielen Kulturen durchaus üblich war. Kleiner Wermutstropfen für Tierfreunde: Die kalifornische Firma bietet das Fleisch ihrer Schafe am Ende des Jahres zum Verkauf an. (Fabian Sommavilla, 27.11.2021)