FPÖ-Chef Herbert Kickl.

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Es ist ein verpfuschtes Wochenende, und man weiß es schon seit einigen Tagen. Genau genommen, seit die "Kronen Zeitung" Dienstag mit einem großen Porträt von einem Herbert Kickl mit Leidensmiene auf Seite 1 erschien. Dazu die Mitteilung eines Sachverhalts, wie man ihn bisher für völlig denkunmöglich gehalten hätte. Aber dunkle Mächte ließen das Unerklärliche geschehen: Herbert Kickl hat’s erwischt. Und für jede Leserin, jeden Leser in verschiedenen Stadien der Entwurmung folgte ein Bildtext, der ihnen das Unbegreifliche begreiflich machen sollte. Er trägt ungern Maske, empfiehlt Entwurmungsmittel als Virus-Schutz und demonstriert gerne in großen Menschenmengen gegen Corona-Maßnahmen. Der FPÖ-Chef ist an Covid erkrankt.

Ein Hauch von Schadenfreude konnte bei dieser Aufmachung nicht ausbleiben, und genüsslich verstärkte ihn die Redaktion mit einigen Zitaten des schlampig Entwurmten. Etwa diesem: Wir alle haben ein intaktes Immunsystem. Und ein intaktes Immunsystem macht den Menschen stark gegen jede Art von Virus und all die Mutationen, die jetzt von irgendwoher neu entdeckt worden sind.

Kalkül ohne Intelligenz

Dass es mit dem Immunsystem von Kickl auch nicht weiter her sein soll als mit den einschlägigen Systemen von Hinz und Kunz, lässt natürlich an seinen übermenschlichen Führerqualitäten ein wenig zweifeln. Das dürften Schallenberg und Mückstein auch ohne Entwurmung hinkriegen. Sogar die das erschütternde Ereignis begleitende Kolumnistin des Blattes musste unter dem Titel Schadenfreude einräumen: Das eigentlich Verwerfliche an Kickls Aussage ist, dass sie nicht auf Unwissenheit oder gar Dummheit beruht. Nein, vielmehr ist Herbert Kickl einer der intelligentesten Spitzenpolitiker unseres Landes und weiß daher sehr genau, was er – aus Kalkül – gesagt hat.

Zu wissen, was man aus Kalkül gesagt hat, ist noch kein Beweis besonderer Intelligenz, vor allem dann nicht, wenn sich das Kalkül als schlicht wissenschaftsfeindlich und dumpf populistisch herausstellt. Über das eigentlich Verwerfliche an Kickls Aussage braucht man nicht lange zu reden, es liegt in Österreichs Krankenhäusern offen zutage. Dass die Kolumnistin in Kickls Fall findet, Schadenfreude ist aber in jedem Fall unangebracht, steht zwar in Widerspruch zur Aufmachung des Blattes, bescheinigt ihr aber ein gutes Herz. Und wie kann ein Wochenende anders als verpfuscht sein, an dem Kickl auf seiner eigenen Demo nicht von seinem intakten Immunsystem schwadronieren darf!

Ursula Stenzel

Mit einer anderen Meldung aus Kickls Umfeld konnte der "Kurier" Donnerstag aufwarten. Rechtzeitig für weihnachtliche Buchbestellungen erfuhren Leserinnen und Leser: In ihrer Autobiographie blickt Ursula Stenzel auf ihre Karriere voller Wendungen und Kontroversen zurück. Darin rechtfertigt sie den wohl umstrittensten Schritt in ihrer Polit-Karriere: Den Wechsel von der ÖVP zur FPÖ 2015. Er sei keineswegs ein Bruch in ihrer Vita gewesen, vielmehr ein Übertritt zu der in ihren Augendamals "besseren konservativen Partei. Der letzte Auslöser war die sogenannte Flüchtlingskrise im Spätsommer des Jahres 2015, die ich als eine Invasion ohneWaffen und das österreichische 9/11 empfand".

Es wäre sicher kein Bruch in ihrer Vita als Rentnerin, träte sie nun, nachdem Sebastian Kurz die Balkanroute bummfest geschlossen hat, wieder in die türkise VP ein, als die bessere konservative Partei. Dafür spräche immerhin ihr gutes Erinnerungsvermögen. So erinnert sich Stenzel noch, dass ihr der damalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel in einem "groß karierten, bunten Hemd" entgegentrat, als er ihr 1996 die Spitzenkandidatur für die EU-Wahl anbot. An dieser Sternstunde der Menschheit im Rückblick teilgehabt zu haben ist dem "Kurier" innigst zu verdanken.

Nach dem Gutachten von Universitätsprofessor Peter Lewisch für Sebastian Kurz ist dessen totale Unschuld so gut wie geritzt. Laut "Presse" vom Donnerstag schloss sich dem ein zweiter Triumph der Gerechtigkeit an. In Vorarlberg wurde ein 67-Jähriger wegen Beleidigung verurteilt. Der Mann hatte Kurz dafür verantwortlich gemacht, dass im Vorjahr während des Lockdowns eine Operation verschoben wurde, und den damaligen Kanzler in Briefen wüst beschimpft.

Das entschädigt, nachdem man zuvor in der "Krone" lesen musste, wie Rechtsexperte Alfred Noll das Gutachten von Lewisch einschätzte. Er sprach von intentionaler Parteilichkeit und einem "politischen Hackl" gegen die WKStA. Schade. (Günther Traxler, 21.11.2021)