Finanzminister Gernot Blümel präsentiert wieder ein Hilfspaket. Mit dabei: Arbeitsminister Martin Kocher und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer.

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Auch in einer Tragödie entstehen, wenn sie nur lange genug dauert, Routinen. Und weil in Österreich schon seit 20 Monaten gegen die Pandemie gekämpft wird, gibt es sie auch hier. Während Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sich bei ihrer Pressekonferenz am Freitag sichtlich abmühen mussten, zu erklären, warum jetzt wieder ein Lockdown für alle kommt, obwohl es schon die Impfung gibt, hatte es Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) deutlich einfacher.

Freitag kurz vor Mittag trat er vor die Kameras, um zu verkünden, dass nun einfach einige alte Corona-Hilfsmaßnahmen für Unternehmen wieder "scharfgestellt" werden. Für Finanz wie für Betriebe seien die Abläufe bekannt, weshalb es rasch zu Auszahlungen der Unterstützung kommen soll.

Routine bedeutet freilich nicht, dass der Schrecken kleiner wird. Der Lockdown kommt jedenfalls für viele Betriebe im denkbar schlechtesten Moment. Für Handel, Gastronomie und Hotellerie ist der Dezember der umsatzstärkste Monat. Beim Forschungsinstitut IHS geht man davon aus, dass jede Woche Lockdown eine Milliarde Euro an Wirtschaftleistung kostet.

Beim Wifo ist von 700 bis 800 Millionen Euro für November die Rede, für Dezember erwartet man dann auch dort, dass die Milliarde erreicht wird. Überschlagsmäßig würde der Lockdown Österreich etwa 0,8 Prozent seiner Wirtschaftsleistung kosten. Dass es nicht mehr ist, liegt einzig daran, dass ja große Teile der heimischen Wirtschaft, insbesondere Industrie und Bau, unberührt weiterlaufen.

Welche Hilfen werden nun reaktiviert? Allen voran "scharfgestellt" wird der Ausfallsbonus, der nun bis März 2022 reaktiviert wird.

Was der Bonus bringt

Antragsberechtigt dafür sind alle Betriebe, die im jeweiligen Monat einen Umsatzrückgang von mindestens 40 Prozent erleiden. Sie bekommen dann zwischen zehn und 40 Prozent des Umsatzentfalls ersetzt, berechnet auf Basis des Vergleichszeitraums aus 2019. Wie viel genau ersetzt wird, hängt von der jeweiligen Branche ab.

Ein Beispiel: Ein Wirt macht wegen des Lockdowns im November einen Umsatz von nur noch 60 Prozent, beklagt also einen Verlust von 40 Prozent. Davon bekommt er als Gastronom 40 Prozent ersetzt. Insgesamt kommt er also mit den Hilfen auf 76 Prozent des Altumsatzes.

Der Ausfallsbonus ist mit 80.000 Euro im Monat begrenzt. Und: Kurzarbeitsbeihilfen können die Auszahlung verringern, und zwar dann, wenn der Unternehmer mit Ausfallsbonus und Kurzarbeitsgeld mehr erhalten würde, als der Umsatz im Vorkrisenmonat ausmachte.

Verlustersatz

Finanzminister Blümel schätzt die Kosten für den Ausfallsbonus auf 700 Millionen Euro – wenn es dabei bleibt und die Betriebe Mitte Dezember wieder öffnen dürfen.

Ebenfalls reaktiviert wird der Verlustersatz: Dabei werden Betrieben je nach Größe 70 bis 90 Prozent ihres angehäuften Verlusts ersetzt. Auch hier muss es zu einem Umsatzentfall von mindestens 40 Prozent kommen. Der Verlustersatz wäre Ende des Jahres ausgelaufen und wird nun bis März verlängert. Neu aufgelegt wird der Härtefallfonds, der vor allem Selbstständige entschädigen soll. Dabei werden Nettoeinkommensentgänge bis zu 2000 Euro ersetzt.

Eine Verlängerung gibt es auch bei Haftungen, die der Staat für Kredite übernimmt. Dabei geht es um Kredite, die von der Tourismusbank ÖHT an Touristiker oder vom AWS an andere Unternehmen vergeben worden sind. Die staatlichen Bürgschaften für diese Kredite wären Ende 2021 ausgelaufen und werden nun bis Juni 2022 verlängert.

Zielgerichtetere Stütze

Die Maßnahmen sind im Gegensatz zu den Hilfen im vergangenen Herbst zielgerichteter. Vor einem Jahr gab es einen Umsatzersatz im November und Dezember, bei dem Unternehmen im Lockdown pauschal 20 bis 80 Prozent ihrer Umsätze ersetzt wurden.

Kurios: Dabei war es ganz egal, was die Betriebe einnahmen. Das führte besonders in der Gastronomie, wo das Take-away-Geschäft nicht schlecht lief, zu Überförderungen. Aber auch Autohändler konnten sich freuen: Verkaufte Autos schmälerten die Hilfen nicht. Diesmal ist das anders.

Was sagen Branchenvertreter? Sie sind tendenziell zufrieden. Mario Pulker, Sprecher der Gastronomen bei der Wirtschaftskammer, sprach angesichts der neuen Unterstützung davon, dass sich die Gastronomen mit ihren Wünschen durchgesetzt haben. "Wir haben auf diese Hilfen gepocht", so Pulker.

Beim Handelsverband wird die staatliche Unterstützung ebenso begrüßt, aber es werden Nachbesserungen verlangt: So berücksichtige beim Ausfallsbonus der Rückblick auf die Umsätze aus dem Jahr 2019 nicht, wenn Unternehmen seither gewachsen sind.

Run auf die Kurzarbeit?

Nicht neu, aber erneut aufgewertet werden wird durch den Lockdown die Kurzarbeit. Diese läuft ja aktuell bis Jahresende in zwei Variationen. Betriebe im Lockdown können ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, sie müssen dafür keinen Selbstbehalt zahlen. Die Arbeitszeit kann auf null gesetzt werden. Je nach Verdienst werden 80 bis 90 Prozent vom Nettoeinkommen ersetzt.

Im Arbeitsministerium von Martin Kocher (ÖVP) gehen die Experten davon aus, dass die Inanspruchnahme der Kurzarbeit etwa so wie im vergangenen Winter sein wird. Im November 2020 waren 360.000 Arbeitskräfte, vor allem aus Handel, Gastronomie und Hotellerie, zur Kurzarbeit angemeldet. Genutzt haben sie etwa 270.000 Beschäftigte. Zwischen Anmeldungen und der tatsächlichen Nutzung klafft oft eine Lücke. Zu Beginn dieser Woche gab es rund 74.000 Kurzarbeit-Anmeldungen.

Was auch zurückkehrt laut Kocher: der Freistellungsanspruch für Risikogruppen.

Wie hoch die Kosten der neuerlichen staatlichen Hilfen sein werden, lässt sich noch nicht abschätzen. Finanzminister Blümel betonte, dass im Budget genug Spielraum vorhanden sein werde. Der Finanzminister hat im Budget eine Überschreitungsermächtigung für weitere Corona-Hilfen für 2022 beantragt. Die neuen Richtlinien für die Hilfen befinden sich noch in Ausarbeitung.

Erwartet wird auch, dass die Arbeitslosigkeit wieder steigen dürfte. Gastronom Pulker sagt, dass viele Betriebe aus der Mitarbeiterknappheit über den Sommer gelernt haben und ihre Leute nicht abmelden wollen. Sollten viele Gastronomen und Hotelbetreiber bereits damit rechnen, dass sie monatelang nicht aufsperren werden dürfen, könnte diese Abwägung anders ausfallen. (András Szigetvari, 20.11.2021)