Curin und seine Mitschwimmer haben es geschafft.

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Es war eine Win-win-Situation, als Théo Curin bei den Uros-Inseln am peruanischen Ufer des Titicacasees aus dem Wasser stieg. Elf Tage in den eiskalten Fluten lagen hinter ihm, Ruhm, Ehre, Aufmerksamkeit sollen folgen. Aufmerksamkeit für die Verschmutzung des Titicacasees und Aufmerksamkeit für das Leistungspotenzial von Menschen mit Behinderung: Dem 21-jährigen Franzosen waren im Alter von sechs Jahren infolge einer schweren Meningitis die Beine unterhalb der Knie und die Arme an den Ellbogen amputiert worden.

122 Kilometer liegen zwischen dem Startpunkt am Strand des bolivianischen Dorfes Copacabana und dem Ziel auf den Uros-Inseln in Peru. Das ist von Wien bis Waidhofen an der Ybbs. 122 Kilometer in zehn Grad kaltem Wasser, 122 Kilometer auf einer Höhe von 3800 Metern über dem Meer. Der Para-Sportler wurde von der ehemaligen Top-Schwimmerin Malia Metella und dem Umweltaktivisten Matthieu Witvoet begleitet. Schon im Vorfeld machten sie klar, dass sie auf die Umweltverschmutzung im Titicacasee aufmerksam machen wollen. Abwechselnd zogen sie ein Boot, das aus Müll gebaut wurde. Der Mann ohne Füße und Hände trug spezielle Flossen, die beim Schwimmen halfen.

Kein Kalenderspruch

Curin wurde im April 2000 in Lunéville bei Nancy geboren, lebt in Vichy. 2016 nahm er als 16-Jähriger an den Paralympics teil und war damit der jüngste Franzose in Rio, 2017 wurde er zweimal Vizeweltmeister. Die Paralympics in Tokio ließ Curin aus – wegen Ungleichheit in der Klassifizierung. "Man muss kein Arzt sein, um zu verstehen, dass jemand mit zwei Händen mir gegenüber einen Vorteil hat." Eine Problematik, die im Para-Sport immer wieder aufkommt.

Inspiration für den jungen Athleten, der auch eine Schauspielkarriere anstrebt, ist der französische Para-Schwimmer Philippe Croizon. Croizon durchschwamm 2010 als Vierfachamputierter den Ärmelkanal. Einfach war das Abenteuer im Titicacasee jedenfalls nicht. "Wir haben so viel erlebt, was ich nie vermutet hätte. Ich dachte nicht, dass ich mein Leben gefährden würde." Vor allem das Wetter machte den Schwimmern zu schaffen. "Es gab Momente, in denen alle fünf Minuten rechts und links Blitze einschlugen. Wir verbrachten eine schreckliche Nacht mitten auf dem See. Manchmal wollte ich aufgeben." Sein Lebensmotto: "Mach deine Verschiedenheit zu deiner Stärke." In Curins Fall ist das weit mehr als ein Kalenderspruch. (Andreas Hagenauer, 21.11.2021)