Das mit dem Burgenland ist so eine Sache. Eine sehr widersprüchliche. Das Burgenland ist so nah und so fern, so romantisch und langweilig, so schön und hässlich, so Aufregung und betulich, so modern und aus der Zeit gefallen. Je nachdem, wo man gerade steht und hinschaut oder mit wem man redet. Manche Ortschaften sind zum Verlieben schön, in anderen reiht sich eine Bausünde an die nächste, von den 60er-Jahren bis in die Jetztzeit – absurde Säulen! Es gibt verwunschene Winkel und wildromantische Natur, eine unglaubliche Tierwelt, abertausende Gänse und Enten in allen Ausformungen, eine zerstörte Landschaft mit hunderten Windrädern, ein künstliches Städtchen als Einkaufszentrum, Störche auf dem Dach, eine öde Fläche und sanfte Hügeln und irgendwo sogar einen Berg, sagt man. Das Burgenland kann sehr liebenswürdig sein, aber es macht es einem nicht ganz leicht, es zu entdecken und zu mögen.

Hier wird nicht gepritschelt, hier wird posiert: sechs praktische, grundsätzlich aber sehr schnelle Elektroautos mit Allradantrieb für alle Fälle – Volvo, Mercedes, VW, Kia, Ford und Audi.
Foto: Andreas Riedmann

Mit den Elektroautos verhält es sich ganz ähnlich. Sie sind ebenfalls sehr widersprüchlich. So langweilig und aufregend, so vernünftig und ungewöhnlich, so sparsam und absurd schnell. Das ist also die automobile Zukunft, nicht ganz einfach, sich darin einzufinden und damit abzufinden. Da wird viel Emotion rausgenommen und viel, was halt sein muss, reingesteckt. Man hört nichts mehr und man spürt nichts. Kein Röhren, Reißen und Ruckeln und kein Schaltvorgang.

In der Stadt unbedingt super, da will man gar nicht mehr anders unterwegs sein. Aber einen Autoausflug machen? Wozu? Das Elektroauto ist nur dazu da, uns wohin zu bringen, das Wie zählt kaum noch. Wir wollten das Gegenteil beweisen und bemühten uns, auch dem Burgenland ein bisschen Spaß und Spannung beizubringen.

Dass in den Elektroautos gar keine Emotion mehr drinsteckt, stimmt so ja nicht ganz. Die Hersteller bemühen sich. Dass ein Ford, der mit dem Mustang so etwas von gar nichts gemeinsam hat außer einem gelungenen Zitat in den Rücklichtern, jetzt wieder Mustang heißt, ist sinnbildlich: Die Hersteller bemühen sich, auch diese Generation an Fahrzeugen mit Emotion aufzuladen. Und manchmal gelingt das sogar. Der Ford Mustang Mach-E ist insgesamt ein spannendes Auto, schnell, gefällig, praktisch und gemütlich, vernünftig und innovativ, auch witzig, aber Mustang? Eher nicht. Da müssen wir unsere Vorstellung von einem geilen Auto gründlich revidieren. Der schmutzige Sex wird sauber und steril.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, die Standard-Automobilmannschaft
wirft sie nach hinten. Andi Riedmann hielt fest: intelligenter Austausch.
Foto: Andreas Riedmann

Wider die Vernunft

Dabei geht die neue Generation der elektrisch angetriebenen Mobile wirklich gut – weit über das hinaus, was die Vernunft gebieten würde. Die Beschleunigung ist "mind blowing". Kann man fast nicht anwenden. Nicht im normalen Straßenverkehr jedenfalls. Schwer zu sagen, woran es liegt, vielleicht auch an uns selbst, aber von Spießigkeit und Sparsamkeit gibt es keine Spur, unsere Testanordnung ist in aller Vernunft der pure Unsinn: Das schwächste Auto leistet knapp 300 PS, der VW ID.4. Das stärkste Auto knapp 600 PS, der Audi RS e-tron. Und selbst der an sich biedere Volvo leistet mit seinem rein elektrischen Antrieb mehr als 400 PS, also deutlich über dem, was noch g’scheit wär und Sinn ergeben tät. Diese Testanordnung will beweisen, dass man nicht nur von A nach B kommen kann, sondern dass der Umweg über C auch noch drin ist und dass das durchaus lustig sein kann.

Und dass wir in die Therme gefahren sind, in die St.-Martins-Therme bei Frauenkirchen im Seewinkel, passt auch gut zum Widersprüchlichen an sich: Ein bisschen brav und bieder ist der Thermenbesuch grundsätzlich, allerdings wird die St.-Martins-Therme recht modern interpretiert, und Spaß haben geht sich dort mühelos aus. Auch sonst: Nach dem Pritscheln gibt es tolles Essen, und die Weinbegleitung und -empfehlung sind so intelligent, kreativ und am Punkt, das ist beeindruckend.

Profi bei der Arbeit: Andreas Riedmann.
Foto: Stockinger

Bei der Auswahl der Fahrzeuge war diesmal konkret unsere Zielsetzung, Elektro- und Allradantrieb unter eine Blechhaube zu bringen. Beides erstmals in einem Supertest des STANDARD, der uns üblicherweise nach Norditalien führt. Aber die Zeiten sind ungewöhnlich, und wir wollten das Collio nicht in Dunkelheit versetzen, wenn wir sechs derart potente E-Mobile ans Netz hängen. Deshalb: Burgenland. Dort stehen genügend Windräder herum. Und in der "Relaisstation" St.-Martins-Therme hat man schon eine gewisse Routine mit E-Autos, eine vernünftige Ladeinfrastruktur ist jedenfalls vorhanden.

Vorgefahren sind wir mit:

Audi RS e-tron GT,

Ford Mustang Mach-E AWD,

Volvo XC40 Recharge Twin,

Mercedes EQC 400 4matic,

VW ID.4 GTX

und Kia EV6.

Ein sehr sportlicher Gran Turismo und fünf SUVs also, das ist auch typisch für unsere Zeit. Farblich spannte sich der Bogen von hell- bis dunkelgrau, ein weißer Wagen war auch dabei, aber kein Tupfen bunt. Knallig ist gerade schwer aus der Mode, aber Hauptsache, wir hatten es lustig. Und anstatt Benzin zu reden, redeten wir dieses Mal ausschließlich Elektro, das war grundsätzlich sehr vernünftig und manchmal auch das Gegenteil davon, machen Sie sich auf den kommenden Seiten selbst ein Bild. (Michael Völker, 23.11.2021)