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Ab 2026 könnte es diese Scheine auch in digitaler Form geben. Besichert und herausgegeben von der Europäischen Zentralbank.

Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach

Wien – Anfang 2023 soll die Entscheidung fallen. Kommt der digitale Euro, oder kommt er nicht? An einem Konzept für die neue Digitalwährung bastelt federführend die Europäische Zentralbank (EZB). In deren Gremien dürften die Köpfe rauchen, denn viele grundlegende Fragen sind noch unbeantwortet. Allen voran, ob es die Digitalvariante unserer Währung überhaupt braucht.

Geht es nach Peter Kerstens, lautet die Antwort eindeutig Ja. Er arbeitet bei der Fintech Taskforce der Europäischen Kommission, der digitale Euro fällt in seinen Aufgabenbereich. Die Notwendigkeit begründet er unter anderem mit dem Faktor Sicherheit: "Bargeld ist Geld der Zentralbank, Menschen vertrauen darauf. Im digitalen Raum gibt es das noch nicht, es handelt sich um Bankgeld." Angesichts der strengen Regulierung sei Bankgeld ziemlich sicher, aber mit einem digitalen Euro gebe es kein mit der Bank verbundenes Risiko mehr, sagt Kerstens am Montag bei einer Online-Veranstaltung der Zahlungsdiensteplattform P19.

Heruntergebrochen kann man sagen, der digitale Euro wäre elektronisches Bargeld. Was heißt das? Sowohl Bargeld als auch der digitale Euro werden von der EZB ausgegeben. Geld von der Notenbank ist sicher und wird ohne Gewinnorientierung zur Verfügung gestellt. Die eigene Bank will Geld verdienen und kann im schlimmsten Fall auch pleite gehen.

Falls der digitale Euro überhaupt kommt, dann nicht vor 2026. Und auch dann werden Konsumenten wenig Veränderung spüren.

Limits und Kosten

Immer wieder hieß es, es soll ein Limit am Konto für den digitalen Euro geben. Die Zahl 3.000 Euro tauchte mehrmals auf. Kerstens hält das für unrealistisch. "Für Konsumenten könnte man das eventuell machen, aber nicht für Unternehmen. Ein Supermarkt zum Beispiel würde permanent das Limit sprengen."

Ob sich bei den Kosten etwas ändern würde, ist aus heutiger Sicht offen. Der elektronische Euro wäre kostenlos – wie Bargeld. Aber es müsse erst geklärt werden, ob und wie viele Kosten die Banken oder anderen Institutionen für die Vermittlung und Speicherung des Geldes verrechnen werden – also vergleichbar mit heute üblichen Kontoführungsgebühren. In diesem Zusammenhang solle man nicht vergessen, dass auch Bargeld mit Kosten für Transport und Produktion verbunden sei.

Technologie und Privatsphäre

Ebenfalls offen sei noch, ob der digitale Euro auf einer Blockchain-Technologie aufsetzt oder über ein Konto geführt wird. Auch das werde für den Verbraucher wenig Unterschied machen, denn in beiden Fällen werde es ein vermittelndes Institut brauchen.

Der digitale Euro werde zwar die Privatsphäre der Menschen respektieren, mit anonymen Zahlungen sollte man aber nicht rechnen, meint Kerstens. Hier gilt es, zwischen Privatsphäre und Anonymität zu unterscheiden. Die neue Ausgabeform des Euro dürfe nicht Geldwäsche oder Steuerhinterziehung ermöglichen, was bei einer anonymen Ausgestaltung der Fall wäre. Die Daten werden bei den Vermittlern liegen, die EZB habe keine Absicht, Kundendaten zu verwalten.

Politische Relevanz

Für EZB-Chefin Christine Lagarde hat das Projekt jedenfalls große Bedeutung. Vergangene Woche unterrichtete sie die EU-Finanzminister über das Vorhaben. Für sie geht es um mehr als eine Innovation im Zahlungswesen, sie sieht darin ein Instrument zur Stärkung der europäischen Souveränität. Ohne eine europäische Alternative würden andere Digitalwährungen noch stärker an Bedeutung gewinnen. Zudem würde die Marktmacht internationaler Kreditkartenfirmen noch weiter zunehmen.

Den Druck, der von Kryptowährungen ausgeht, führte auch Fintech-Experte Kerstens an. "Stable Coins brachten noch einmal vermehrt Schwung in die Entwicklung des digitalen Euros." Sogenannte Stable Coins sind Krypto-Assets, deren Wert an Währungen oder Vermögenswerte hängt. Tether ist momentan der weltweit größte Stable Coin und an den US-Dollar gebunden.

Liebe zu Bargeld

Ob der digitale Euro an der österreichischen Liebe zu Bargeld etwas ändert? Ernsthaft damit zu rechnen ist nicht. Das bestätigt auch Petia Niederländer von der Nationalbank (OeNB). "Bargeld ist unser Premiumprodukt", sagte sie im Pressegespräch, die OeNB freue sich darauf, kommendes Jahr 20 Jahre Euro als Bargeld zu feiern. Bargeld sei auch als Aufbewahrungsmittel wichtig, denn obwohl immer mehr Konsumenten digital zahlen, nehme der Bargeldumlauf von Jahr zu Jahr zu. (Andreas Danzer, 22.11.2021)