Buchhandlungen müssen wegen des Lockdowns wieder zusperren – Bestellungen abholen ist erlaubt, in Büchern schmökern kann man aber nicht. Das schadet dem Umsatz.

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Die Wochen vor Weihnachten sind für den Buchhandel ökonomisch gesehen die wichtigsten im ganzen Jahr. 36 Prozent des Gesamtumsatzes werden in dieser Zeit gemacht. Dementsprechend kommt der aktuelle Lockdown der Branche mehr als ungelegen. Die IG Autorinnen Autoren und der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) reagierten am Montag mit einem Alarmruf.

Denn zwei Drittel der vor Weihnachten verkauften Bücher würden im stationären Handel abgesetzt. Geht es um Bücher österreichischer Autoren, entfielen sogar 80 Prozent der Verkäufe auf diesen Kanal, heißt es in der Aussendung. Die Schließung der Geschäfte stelle eine "große Gefährdung" für alle in der Branche dar, sagt HVB-Präsident Benedikt Föger: Autoren, Verlagsangestellte, Händler. Gerhard Ruiss (IG) fürchtet zudem, dass durch fehlende Lesungen infolge des Veranstaltungsverbots "wesentliche Kaufimpulse ausfallen".

Appell für heimische Onlineangebote

Zusperren zu müssen sind die heimischen Buchhändler nach fast zwei Jahren Pandemie gewohnt. Auf bisherige Lockdowns haben sie mit Click-and-Collect und gratis Auslieferung per Fahrrad reagiert und damit Umsatzrückgänge vielfach in Grenzen halten können.

Trotzdem hat der stationäre heimische Buchhandel 2020 verglichen mit 2019 ein Minus von zwölf Prozent eingefahren. Wirkliche Erholung haben auch die loseren Corona-Zügel der letzten Monate nicht gebracht: Laut aktuellen HVB-Zahlen gab der Umsatz gegenüber dem Vorjahr heuer in den Monaten bis Oktober noch einmal 3,5 Prozent nach. Die Aussendung appelliert daher "dringend", Onlineangebote heimischer Händler anzunehmen statt auf Amazon auszuweichen.

Realistische Planung passé

Können die Buchhändler in früheren Lockdowns etablierte Strukturen schnell reaktivieren? Über die Logistik macht sich Helmut Zechner von der Klagenfurter Buchhandlung Heyn, zugleich Vorsitzender des Österreichischen Buchhändlerverbands, keine Sorgen. "Ich bin aber sicher nicht der Einzige, der angenommen hatte, dass die Regierung es schafft, dass es keinen weiteren Lockdown gibt, und der deshalb budgetiert hatte, dass der November und Dezember umsatzmäßig deutlich besser sein müssten als 2020." Die neuerliche Schließung "haut mir die gesamte Planung durcheinander. Selbst unter optimistischsten Annahmen wird es ein Minus geben." Sollte das Weihnachtsgeschäft "in die Hose gehen", sagt Zechner zum STANDARD, sei ein Minus von zehn Prozent für das Gesamtjahr noch "das Mindeste, was uns droht".

Von der Politik wünscht er sich eine Fortsetzung der auf fünf Prozent verminderten Mehrwertsteuer für kürzestens ein halbes Jahr und einen Umsatzersatz auf Basis des letzten Jahres, der nicht erst ab Einbußen von 40 Prozent greift. Denn da sei man als Händler "bereits tot".

Bücher im Supermarkt

"Zuversichtlich" gibt man sich bei Thalia, dem größten Buchhändler hierzulande. Neben dem Onlineportal verweist Geschäftsführerin Andrea Heumann auf Anfrage auch auf die Abholstationen der Kette. Natürlich werde man damit aber nicht alle Rückgänge kompensieren können.

Ein Pilotprojekt, das nun wie ein Plan B wirkt, aber schon gestartet ist, wird wohl noch wenig Auswirkung auf die Umsätze haben: An drei Standorten von Interspar in Wien, Linz und Lienz versucht Thalia, eigene Verkaufsflächen in den Supermärkten zu etablieren. Das Sortiment fokussiert auf "Bestseller in Österreich, österreichische Autoren und einen starken Kinderbuchanteil". Bei Erfolg strebt man eine langfristige Partnerschaft an. Kleine Buchhändler wird’s nicht freuen. (Michael Wurmitzer, 22.11.2021)