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Im Februar 2012 trafen sich MbZ und sein autoritärer Konterpart vom Bosporus in Ankara. Seither herrschte zwischen der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten, dessen Teil Abu Dhabi ist, Eiszeit.

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Den "Schwarzen Prinzen" nannte die türkische Presse bislang Mohammed bin Zayed, kurz MbZ, den Kronprinzen von Abu Dhabi. Für die türkische Regierung war er noch im letzten Jahr des Teufels. "Wenn Sie fragen, wer die Region destabilisiert, wer das Chaos bringt, dann würden wir ohne Zögern Abu Dhabi nennen", sagte der türkische Außenminister noch im letzten Sommer während einer Pressekonferenz zur Situation im östlichen Mittelmeer. "Sie sind die Kraft, die Libyen ins Chaos stürzt und den Jemen zerstört hat."

Harte Worte über den Mann, der in Abu Dhabi das Sagen hat und für die türkische Regierung jahrelang, spätestens seit dem sogenannten Arabischen Frühling 2011, der Prinz der Finsternis war. Doch die Zeiten ändern sich: An diesem Mittwoch wird MbZ persönlich in der Türkei eintreffen, um sich mit Recep Tayyip Erdoğan an einen Tisch zu setzen. Schaut man sich die letzten Jahre an, ist dieses Treffen fast so spektakulär wie die diplomatische Anerkennung Israels durch die Vereinigten Arabischen Emirate im letzten August.

Der Schwarze Prinz ist offenbar bereit, mit seinem größten Gegner in der Region Frieden zu schließen, und auch Erdoğan scheint spätestens seit August dieses Jahres, als er sich in Ankara mit dem Sicherheitsberater von MbZ traf, für einen Politikwechsel bereit.

Die Gründe für den Sinneswandel der beiden Autokraten sind vielfältig. Der Krieg in Libyen, wo die beiden die stärksten Unterstützer der jeweils anderen Seite waren, geht seinem Ende entgegen, und es gilt, sich in Zukunft das Terrain aufzuteilen. Auch der Konflikt mit Katar, das Erdoğan mit türkischen Truppen unterstützte, als die Emirate, Saudi-Arabien und Ägypten den Kleinstaat wegen dessen Hilfe für die Muslimbrüderschaft ökonomisch und militärisch strangulieren wollten, hat sich mittlerweile wieder beruhigt.

Versöhnliche Gesten

Der größte Sprung über den eigenen Schatten dürfte für Erdoğan aber sein, MbZ dessen angebliche Finanzierung des Putschversuchs gegen ihn zu verzeihen. Möglicherweise hat Scheich Tahnoun diese Vorwürfe im Gespräch mit Erdoğan entkräften können, oder aber die Emirate haben Versprechungen gemacht, künftig energischer gegen Kader des umstrittenen Predigers Fethullah Gülen vorzugehen. Im Gegensatz dazu dürfte Erdoğan zugesagt haben, künftig von allzu großer Unterstützung der Muslimbrüder Abstand zu nehmen – eine Forderung, die auch Ägypten, Saudi-Arabien und Israel als Vorbedingung für eine Verbesserung der Beziehungen formuliert haben.

Die Annäherung zwischen Mohammed bin Zayed und Erdoğan ist schon deshalb ein Abbild der sich verändernden Situation im Nahen Osten, in der die USA wieder das Gespräch mit Teheran suchen. Die Emirate, Saudi-Arabien und auch Israel könnten ein Interesse an Erdoğans Kontakten nach Teheran haben.

Mann mit Geld

Dieser dagegen dürfte langsam einsehen, dass er schon aus ökonomischen Gründen dringend aus der Isolation herauskommen muss, in die er sich in der Region hineinmanövriert hat. Die Emirate sind reich und könnten Erdoğan mit großen Investitionen und kurzfristigen Krediten weiterhelfen.

Erdoğan hat freilich noch einen speziellen Wunsch an MbZ: Von Dubai aus liefert der türkische Mafiaboss Sedat Peker seit Monaten peinliche Enthüllungen über Korruptionsaffären des präsidialen Umfelds in die Türkei. Wenn die Emirate Peker ausliefern, wäre er wohl im Gegenzug bereit, auch einigen Muslimbrüdern in der Türkei seinen Schutz zu entziehen.

Für MbZ steht derzeit auch noch ein freudiges Ereignis in der Türkei an. Seit Montag tagt die internationale Versammlung von Interpol in Istanbul und wird wohl erstmals einen hohen emiratischen Polizeifunktionär, Ahmed Nasser al Raisi, allen Foltervorwürfen zum Trotz zu ihrem Präsidenten wählen. Da kann MbZ dann gleich vor Ort gratulieren. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, 23.11.2021)