Stefan Zweig wird wohl die Metapher verzeihen. Der Mercedes EQC verbindet die Autowelt von gestern mit der attraktiven, hochgelobten elektrischen Mobilitätszukunft, wie sie weltweit verkündet wird. Dieser SUV fährt noch mit seinem Verbrenner-Bruder GLC (Diesel und Benziner) auf identer Plattform, andere wie EQS und EQE hingegen genießen schon die Segnungen einer eigenständigen Basis.

Der EQC war Mercedes’ erster (Schnell-)Schuss in die Elektro-Ära, er basiert auf dem GLC.
Foto: Andreas Riedmann

Woran erkennt man die enge Verwandtschaft? Der für E-Fahrzeuge recht überflüssige lange Vorderwagen, sprich: großer Überhang. Der Hersteller hat zwar am EQC einige optische Retuschen gegenüber der GLC-Linie vorgenommen, aber die Ähnlichkeit bleibt erhalten.

Foto: Andreas Riedmann

Steigen wir nun in den Wagen über die optionalen Trittbretter (520 Euro Aufpreis) ein. Es grüßt ein beachtliches Raumgefühl, auch auf der rückwärtigen Sitzbank, das MBUX-Multimediasystem mit seinen Anzeigen für Reichweite, Ladezustand und Energiefluss stammt im Prinzip aus der Verbrennerwelt. Erfreulich präzise arbeitet das Navigationssystem mit seinen Anzeigen auf dem nicht sehr großen Bildschirm, bei der Spracherkennung empfehlen wir Hochdeutsch, also bitte deutlich zum Beispiel "Mercedes, führe mich nach Frauenkirchen" aussprechen, sonst wirkt die Tante etwas verwirrt. Verlässlich das Head-up-Display, das Gegenteil kann man von der Verkehrszeichenerkennung behaupten.

Foto: Andreas Riedmann

Still und leise

Drückst du den Startknopf, herrscht: absolute Stille. Mercedes hat sehr viel in die Geräuschdämmung investiert, wie Gummilager an Hilfsrahmen, man zögert fast, den hinter dem Lenkrad befindlichen Schalthebel auf D zu stellen. Die Stille begleitet auch das Anfahren, von den Elektromotoren vorne und hinten ist nichts zu hören. Im Normalbetrieb wird der EQC vor allem durch den Frontmotor angetrieben. Gesamtleistung beider E-Motoren: 300 kW, das wäre dann Allradantrieb – anspruchsvolleres Gelände bitte trotzdem meiden wegen der geringen Bodenfreiheit.

Grafik: Der Standard

Die Reichweiten der 80-kWh-Lithium-Ionen-Batterie können variieren, das hängt natürlich auch von der Streckenführung, Benutzung der Klima- oder Heizungsanlage, Wetterbedingungen und Verkehrslagen ab. Den Testwagen übernahmen wir mit einer Reichweite von 331 km, nach rund 200 km Fahrstrecke reichten noch immer 110 km bis zur Neuaufladung.

Bei den Fahrmodi überlässt uns Mercedes die Wahl zwischen Comfort, Eco, Max Range, Sport und Individual, wobei im Sparmodus (Max Range) das Gaspedal Widerstand zwecks Verhinderung unnötiger Beschleunigung leistet. Fünf Stufen Rekuperation erlauben die Schaltwippen – und wir hatten schon an sportliches Schalten gedacht.

Natürlich ist der EQC kein leichter Junge. Im Leergewicht von 2495 kg ist die Batterie mit 650 kg ein schwerer Brocken. Auch angesichts dessen können sich die Werte sehen lassen: maximales Drehmoment 760 Nm, Beschleunigung von 0–100 km/h in 5,1 Sekunden, Spitze 180 km/h. (Peter Urbanek, 30.11.2021)