Helga Krismer (links) übernahm 2014 die grüne Landespartei von Madeleine Petrovic.

Foto: apa / helmut fohringer

Bei der Kundgebung der Impfgegner-Partei Menschen Freiheit Grundrechte (MFG) am Samstag in Wien war auch eine prominente Grüne präsent – zumindest in Textform: Bei der Demonstration am Schwarzenbergplatz wurde eine "Grußbotschaft" von Madeleine Petrovic verlesen. Sie prägte die Grünen lange Zeit in erster Reihe mit: 1990 zog sie für sie in den Nationalrat ein, war von 1992 bis 1999 Klubchefin und für zwei Jahre auch Bundessprecherin. Nach ihrer Zeit im Parlament stand sie 13 Jahre lang an der Spitze der Grünen Niederösterreich.

Nun wurde ein als Grußbotschaft deklarierter Text Petrovics bei der MFG-Demonstration am Samstag verlesen – obwohl die Kundgebung nicht nur von einer anderen Partei als den Grünen veranstaltet wurde, sondern die dort propagierten Inhalte strikt gegen die Linie der Regierungspartei laufen.

In dem Statement selbst beschränkt sich Petrovic auf "die rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände" von Corona – denn zu den "naturwissenschaftlichen Fragen von Resistenzen und langfristigen Gefahren äußere ich mich nicht, bedaure aber, dass es keine fundierten öffentlichen Debatten dazu gibt". So steht es jedenfalls in der Textfassung, die dem STANDARD vom Pressebüro der MFG geschickt wurde und die von Petrovic selbst nicht beeinsprucht wurde – Nachfragen dazu beantwortete sie mit Verweis auf Zeitmangel nicht.

"Bittere Pillen"

In der Grußbotschaft kritisiert Petrovic, dass die Profite des milliardenschweren Test- und Impfsystems in Österreich privatisiert seien. Darüber hinaus gebe es bei der Haftung für Impfschäden "keine Beweislastumkehr und keine adäquaten Entschädigungen. Die Pharmalobby freut es." Wenn man sich die Strafen anschaue, die bestimmte Unternehmen "wegen dubioser Machenschaften schon zahlen mussten, dann frage ich, worauf das Vertrauen der Regierenden zu diesen Pharmafirmen und ihren ‚bitteren Pillen‘ beruht".

Bei den Grünen Niederösterreich, deren Chefin Petrovic 13 Jahre lang war, sieht man ihren Text für die Demo von Corona-Maßnahmen-Gegnern entspannt: "Madeleine Petrovic bleibt ihrer Linie treu, ein wachsamer, kritischer Geist zu sein", lässt Landessprecherin Helga Krismer dem STANDARD ausrichten. "Diese konkrete Positionierung von ihr ist nicht neu." Petrovics Expertise auf dem Gebiet Tierversuche "ließ ihr auch Einblick in die Pharmawelt geben. Selbstverständlich darf daher über eine Gewinnverteilung debattiert werden", sagt Krismer. Auf die Nachfrage, ob man also mit der Grußbotschaft bei der Demonstration einer anderen Partei – noch dazu einer wie der MFG – kein Problem habe, heißt es nur: "Madeleine Petrovic steht zu ihren Positionen natürlich auch, wenn jemand bei der Versammlung einer anderen Partei daraus zitiert."

"Allgemein zugänglich"

Ähnlich argumentiert auch Petrovic selbst: "Das ist allgemein zugänglich", antwortet sie auf die Frage, ob sie kein Problem mit der Verbindung zur MFG habe. Auf Nachfragen, ob sie den von der Impfgegner-Partei Grußbotschaft genannten Text etwa gar nicht als eine derartige geschickt hätte, antwortete sie dann aus oben erwähnten Gründen nicht. Die MFG schickte dem STANDARD den Text jedenfalls mit der Überschrift "Grußbotschaft für morgen (sic!) MFG-Kundgebung".

Der grüne Klub im Parlament verweist in einem Statement darauf, dass Petrovic keine Funktion in der Partei mehr hat: "Madeleine Petrovic vertritt hier ihre Privatmeinung. Die Position des Grünen Klubs und der Grünen Bundespartei ist aber ganz klar: Wir halten in dieser Situation eine Impfpflicht für absolut notwendig und richtig." (Sebastian Fellner, 22.11.2021)