Leon Löwentraut geht nicht allein auf Reisen. In Wien hat er Vater Jörg, einen österreichischen PR-Mann, und dessen Mitarbeiterin im Schlepptau. Das Unternehmen Löwentraut ist gut organisiert. Nach dem Gespräch wird der "Picasso aus dem Frühstücksfernsehen", so schrieb der Spiegel vor einigen Jahren, in der Sendung Café Puls Rede und Antwort stehen. Angekündigt wird er dort als der "begabteste Künstler seiner Zeit". Am nächsten Tag steht ein Kreativ-Workshop für Red Bull an.

Maler in Nadelstreif: der 23-jährige Leon Löwentraut vor seinen Bildern in einer Ausstellung in Wien.
Foto: Adrian Bedoy

Erst einmal aber schenkt Vater Jörg dem Sohn noch einen Kaffee mit Milch ein. Leon Löwentraut darf sich auf das Wesentliche konzentrieren. Also erste Frage: Sie haben mit sieben angefangen zu malen, mit zwölf Ihr erstes Bild verkauft. Würden Sie sich als ehrgeizigen Menschen bezeichnen? Eher als diszipliniert, sagt der 23-Jährige. Er versuche einfach, seine Träume zu verwirklichen.

Luftige Antworten geben kann er. Die Nähe zu den Medien hat der Rheinland-Pfälzer immer gesucht. Das erste Interview gab er dem Kölner Express auf der Düsseldorfer Königsallee. Das war, als ihn und seine Kunst noch niemand kannte. An Selbstbewusstsein mangelte es dem Deutschen, der heute auf Instagram 238.000 Follower hat, noch nie.

Mit 16 drückte er dann schon in Stefan Raabs Sendung TV Total vor laufender Kamera die Farbtuben aus. Die Öffentlichkeitsarbeit im Boulevard hat sich ausgezahlt. Mittlerweile wird er vom Düsseldorfer Galeristen Dirk Geuer betreut, 2020 wurde er vom Magazin Forbes auf Platz drei der "Forbes 30 unter 30" gelistet.

Malerei aus der Tube

Leon Löwentraut ist ein Phänomen. Gala und Bunte feiern ihn als malendes Wunderkind. Die Kunstwelt hingegen will mit seiner Malerei aus der Tube nicht in Verbindung gebracht werden. Also Frage: Ärgert ihn das, wenn jemand seine Bilder als Dekor abtut? Löwentraut zuckt mit den Schultern. Ihn tangiere das nicht sonderlich. Man nimmt ihm das sogar ab.

Aber ein Händchen fürs Marketing hat er schon, oder? Wenn, dann befände er sich doch in bester Gesellschaft: "Man denke nur an Matisse und seinen Hut, an Dalí mit seinem Schnurrbart", entgegnet Löwentraut.

Der 23-Jährige sucht die Nähe etablierter Künstler, je älter die Gewährsmänner, desto besser. Auf Instagram posierte er unlängst gemeinsam mit Hermann Nitsch auf Schloss Prinzendorf, in Venedig ließ er sich neben Georg Baselitz fotografieren: Von den "großen Meistern" habe er "gewisse Einschätzungen zum Kunstmarkt" eingeholt.

Eine Universität hat Löwentraut schließlich nie besucht. An der Düsseldorfer Kunstakademie habe er sich "in der Hoffnung, abgelehnt zu werden", beworben, erzählt er an diesem Vormittag. Hätte er die Kunstuni besucht, wäre seine Technik nicht so "authentisch, leicht und frei", die Erzählung vom talentierten Autodidakten trägt er ziemlich routiniert vor.

Leon Löwentrauts Workshop für Red Bull.

"Wir sind absolute Quereinsteiger", sagt er auch. Mit"wir" meint Löwentraut Vater und Manager Jörg und Mutter Heidi, die das Büro betreut: Die Leon Löwentraut GmbH ist in Familienhand. Für seine Bilder, meist großformatige Stücke, die vor allem bunt sind, werden fünfstellige Beträge bezahlt: "In den Zeitungen gibt es genug Mord und Totschlag zu sehen, da muss nicht auch noch die Kunst düster sein."

Nitsch an der Wand

Das Um und Auf des Geschäftsmodells Leon Löwentraut ist sein Düsseldorfer Netzwerk: Menschen wie der Galerist Dirk Geuer oder die Society-Frau Ute Ohoeven – mittlerweile malt der 23-Jährige auch für die Unesco, im Juli hingen seine Bilder im Kunstforum Wien, zuletzt schlug er im Bayerischen Nationalmuseum in München auf.

Auch Löwentrauts private Kunstsammlung speist sich aus Geuers Künstlerkontakten. Ein Nitsch hängt an seiner Wand, zuletzt hat er einen Helnwein gekauft. Der Deutsche lebt in einem Vierkanthof nahe Düsseldorf, im gegenüberliegenden Trakt wohnen Vater Jörg und Mutter Heidi.

Wenn er nicht da ist, ist er laut Instagram unterwegs. Zuletzt in London, bei Selfridges. "Krasse Inszenierung", ruft Löwentraut in die Handykamera. Und schickt hinterher: Wenn deutsche Kaufhäuser Interesse an bunten Wänden hätten – er sei dabei. (Anne Feldkamp, RONDO, 29.11.2021)