Spoilerwarnung: In dem Text kommen Handlungsstränge der ersten beiden Staffeln vor.

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Reiche richten sich die Welt. Sie nutzen ihren Einfluss aus und kommen selbst mit dem größten Mist durch, den sie anrichten. Skrupellos, verantwortungslos, eingebildet und im Zweifel einfach grausam. Klischees? Ja, klar. Oder die Zusammenfassung der HBO-Serie "Succession" (zu sehen auf Sky). Willkommen im Wunderland der Familie Roy!

Vater Logan und Tochter Shiv planen ihren nächsten Schritt.
Home Box Office, Inc. All rights reserved. / Sky

Nach einer Corona-Pandemie-bedingten Verzögerung beglückt uns diese schreckliche Familie mit Staffel drei. Seit 2018 darf der Patriarch Logan Roy (Brian Cox) seine vier erwachsenen Kinder malträtieren, anschreien und beschimpfen. Schließlich geht es um nichts weniger als sein Erbe: den Chefsessel im Riesenkonzern Waystar Roy Co, zu dem Medien gehören, aber auch illustre Geschäftsfelder wie Vergnügungsparks und eine Kreuzfahrgesellschaft.

Vatermord ohne Tote

Genau diese hat der Serie auch ein großartiges Staffelende beschert: Sohn Kendall (Jeremy Strong) fällt dem Alten in den Rücken und nimmt nicht wie vereinbart bei einer Pressekonferenz die Schuld für Jahre zurückliegende Missbrauchsfälle in ebendieser Kreuzfahrtlinie auf sich, sondern beschuldigt vor laufenden Kameras Vater Roy. Und das kurz nachdem der Herr Papa dem Sohn bescheinigt hat, in dem Job müsse man ein Killer sein. Und, nun ja, das sei Kendall halt nicht.

Ist Kendall Roy "the man"?
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Fast hätte man in einer der letzten Einstellungen der Schlussfolge von Staffel zwei meinen können, ein leichtes Lächeln des Stolzes sei dem Vater über die Lippen gehuscht. Fast. Weil Staffel drei steigt quasi direkt nach diesem Verrat wieder ein. Und Logan Roy wütet. Das tut er übrigens sehr gern und eigentlich immer. Jedem und jeder gegenüber, aus allen Gründen und aus keinem. Ein übersetztes "Verpiss dich" – oder österreichischer "Schleich di" – wird dem – sehr oft sehr geschrienen – "Fuck off" nicht gerecht, jedenfalls ist das aber der Lieblingssatz des Patriarchen.

Familiendrama

"Succession" lässt sich nur schlecht in ein Genre einordnen. Es ist eine Mediensatire – Familie Roy ist angelehnt an die real existierenden Murdochs. Es ist eine bitterböse Abrechnung mit den Reichen. Es ist ein Feuerwerk an sprachgewaltigen – und zum Teil sehr lustigen – Beleidigungen und Beflegelungen. Und ein Ensemble-Stück, das seinesgleichen sucht.

Neben Vater Roy und Sohn Kendall gibt es noch Tochter Shiv (Sarah Snook), den ältesten Sohn aus erster Ehe Connor (Alan Ruck) und als vierter im Bunde Roman (Kieran Culkin). Und alle Geschwister wollen eigentlich nur eines: vom Papa liebgehabt werden. Natürlich wollen sie auch die Macht und die damit verbundene Kohle, aber das ist nur zweitwichtig.

Das ist "Succession" nämlich auch: eine große Familiengeschichte über eine zutiefst dysfunktionale Familie, in der mit harter Hand geherrscht wird, in der man sich lieber anschreit, als miteinander zu reden. In der man gleich einmal auf Angriff schaltet, bevor ein Gegenangriff überhaupt kommen kann. Wo man Schmähs reißt ohne Rücksicht auf Verluste – weil auch hier wieder: Angriff als Schutzmechanismus. Dass diese zutiefst unsympathischen Herrschaften auch nicht sonderlich nett gegenüber Angestellten oder generell Menschen sind, verwundert eigentlich eh niemanden mehr.

Das wunderbare Intro zur Serie.
HBO

Und bei all dem Drama rund um Nachbesetzung in einem strauchelnden Unternehmen sind die Roys noch nicht einmal sonderlich schlau oder besonders geschickt, sie sind einfach nur extrem reich – und damit geht eigentlich alles. Einen Autounfall mit Todesfolge vertuschen? Kein Problem. Angestellte mit Geld ruhigstellen, damit sie die Demütigungen durch die Roys nicht publikmachen? Kein Problem. Den neuen US-Präsidenten mitbestimmen? Kein Problem. Wer so viel Kohle hat, richtet sich die Welt, setzt sich in den Hubschrauber und fliegt über die Stadt. Wären da nicht dieser ganze lästige Familienkram und die Geschwisterrivalität und der autoritäre Vater, an dem sich die Kinder abarbeiten. Am Ende sind unglückliche Familien vielleicht doch auch irgendwie alle gleich. (Daniela Rom, 23.11.2021)