Finanzminister Gernot Blümel.

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Es war eine dieser vielkritisierten Premieren, die Österreich im Zuge der Casinos-Korruptionsermittlungen erleben musste: Erstmals exekutierte der Bundespräsident ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) bei einem amtierenden Minister, konkret Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Der war kurz zuvor übrigens der erste aktive Finanzminister gewesen, bei dem eine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte.

In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ beschrieb Blümel jetzt, wie es aus seiner Sicht zur Exekution der Aktenlieferung gekommen war. Der parlamentarische Ibiza-Untersuchungsausschuss wollte im Februar 2021 deutlich mehr Akten von Blümel, darunter E-Mail-Postfächer einiger Mitarbeiter. Das Finanzministerium stand im Fokus der Untersuchungen, die Abgeordneten wollten Hinweisen auf Fehlverhalten und Korruption nachgehen.

Aufmunitionieren mit Gutachten

Am 3. März entschied der VfGH, dass dem Antrag des U-Ausschusses stattzugeben sei. Rasch munitionierte sich das Finanzministerium nun rechtlich auf: Am 10. März fand eine Skype-Konferenz "mit externen Rechtsexperten" statt; insgesamt wurden Gutachten in der Höhe von über 175.000 Euro bestellt. Zum Beispiel bei der Kanzlei Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH über "die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise des BMF bei der internen Informationserhebung" zur Entsprechung des VfGH-Erkenntnis oder bei Graf Isola Rechtsanwälte GmbH über die "Erstellung einer datenschutzrechtlichen Beurteilung der Vorlagepflicht des Bundesministers für Finanzen".

Zusätzlich dazu arbeitete auch die Finanzprokuratur mit. Ihr Präsident Wolfgang Peschorn wurde von Blümel damit beauftragt, eine "einvernehmliche Vorgehensweise" mit dem Ibiza-U-Ausschuss zu ermitteln. Der U-Ausschuss zeigte sich daran nicht interessiert, da mit dem Verfassungsgerichtshof die höchste Instanz ja bereits eine vollständige Aktenlieferung entschieden hatte. Schon am 5. April waren die Akten "fertig ausgedruckt", doch Blümel wollte noch "aus rechtsstaatlichen Erwägungen" die Einleitung eines Exekutionsverfahrens abwarten – also nach der Entscheidung des Höchstgerichts setzte Blümel diese "aus rechtsstaatlichen Erwägungen" nicht um. Das passierte dann am 5. Mai. "Ich beauftragte und vergewisserte mich über die unverzügliche Durchführung der Aktenlieferung", schrieb Blümel nun.

SPÖ: "Blümel soll aus eigener Tasche zahlen"

Das passierte in der hohen Geheimhaltungsstufe 3, weil "ein gesamtes E-Mail-Postfach denkunmöglich abstrakt relevant für den Untersuchungsgegenstand sein kann", wie Blümel durchaus widersprüchlich zum VfGH festhält. Laut Finanzminister seien Gespräche mit dem Ibiza-Ausschuss mehrfach abgelehnt worden. Aus Sicht der Opposition sei das gänzlich anders abgelaufen: An privaten E-Mails habe man nie Interesse gehabt, diese hätte Blümel selbstständig herausfiltern müssen.

"180.000 Euro Steuergeld, um einen Verfassungsbruch und die Missachtung des Verfassungsgerichtshofs zu rechtfertigen – so etwas hat es noch nie gegeben", kritisiert SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer. Blümel missbrauche Steuergeld für einen Fluchtversuch aus seiner Ministerverantwortung. "Wieso soll der Steuerzahler ihm das zahlen? Blümel soll das aus seiner eigenen Tasche zahlen", fordert Krainer. (Fabian Schmid, 23.11.2021)