Wenn es Adele so wichtig ist, dass die Generation Z ihr Œuvre von vorn bis hinten durchhört, soll sie der Jugend Vinyl verkaufen.

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Die britische Musikgröße Adele machte dieser Tage Schlagzeilen, weil sie den Musikstreamingdienst Spotify davon überzeugte, die automatische Shuffle-Funktion bei Alben abzustellen – wie es vor ihr übrigens bereits viele MusikerInnen gefordert hatten. Ihr Argument: Man würde als Künstlerin die Titelfolge eines Albums ja bewusst in einer bestimmten Reihenfolge anlegen; Shuffle zerstöre die Erzählung, die das Wesen des Albums ausmacht.

Adeles "Sieg" gegen Spotify wird nun in Medien gefeiert, als hätte David Goliath gesteinschleudert. Dabei hat Adele verloren, zumindest ihren Sinn für die Realität. Und die sieht so aus, dass auf Musikstreamingdiensten längst die Playlist regiert, weil sie dem Medium viel mehr entspricht. Das soll nicht heißen, dass junge Hörerinnen und Hörer grundsätzlich keine Alben im eigentlichen Sinne hören wollen oder dass das Album out wäre – es ist nur schlichtweg nicht das richtige Format fürs Musikstreaming, bei dem es um Kurzweiligkeit, um Mischung, ums Entdecken, ums Reinhören – ja, um Shuffle nicht nur als Werk-, sondern als Lebenseinstellung geht. Das muss man nicht gut finden, man sollte aber gerade als Künstlerin und Künstler anerkennen, dass das der Status quo ist.

Ein physisches Album 1:1 auf Spotify übertragen zu wollen ist circa so sinnvoll, wie einen Printartikel auf Twitter zu veröffentlichen. Es geht schon irgendwie, aber entspricht halt nicht ganz dem Gebot "The medium is the message".

Klar geht es um mehr: Künstlerinnen wie Adele lehnen Streaming aus gutem Grund prinzipiell ab – die Entlohnung für Musikschaffende ist mies, nicht streamen ist keine Option. Da ist es nur verständlich, etwas aus den guten alten Zeiten in die neuen Zeiten rüberretten zu wollen – es geht nicht nur um die Abfolge von Titeln, sondern um Prinzipien.

Mit ihrem Starrsinn berauben sie sich aber der Möglichkeit, mit ihrer Musik auf Streamingdiensten innovativer und flexibler umzugehen, wovon sowohl die Fans als auch sie profitieren würden.

Wenn es Adele so wichtig ist, dass die Generation Z ihr Œuvre von vorn bis hinten durchhört, sollte sie sich nicht an Spotify wenden, sondern sich überlegen, wie man der Jugend Vinyl verkauft. (Amira Ben Saoud, 24.11.2021)