Viele Ischgler wollen ja bis heute nicht einsehen, warum man ausgerechnet auf ihnen so herumhackt. Dass die Pandemie ausgerechnet im Ski-Eldorado ihren ersten österreichischen Höhepunkt gefeiert habe, sei nicht ihre Schuld. Womit sie vermutlich recht haben: Auch andernorts im Land lief anfangs vieles schief. Aber nur, weil im ganzen Land gewurschtelt, gepfuscht, verschleppt und teils dreist gelogen wurde, wird ein lokales Versagen nicht besser.

Die nunmehrige Einstellung der Ermittlungen in der Causa Ischgl gegen fünf Beschuldigte aus Landes- und Bezirksverwaltung sowie aus der Kommunalpolitik wird sie erneut in ihren Ansichten bestärken. Sie werden sich rühmen, doch alles oder zumindest sehr viel richtig gemacht zu haben.

An dieser Stelle muss man sich vergegenwärtigen, was da alles laut Einstellungsbegründung "strafrechtlich nicht fassbar" war, aber von der unabhängigen Untersuchungskommission und durch Ermittlungen festgestellt wurde: Warnungen aus dem Ausland wurden mit fadenscheinigen Gegenthesen heruntergespielt, unwahre Informationen verbreitet, das Ignorieren behördlicher Schließungen teils achselzuckend hingenommen, Mobilitätsbeschränkungen Tage zu spät kundgemacht.

Nun mag es sehr schwer sein, strafrechtlich zu beweisen, dass tausende Ansteckungen eine direkte Folge dessen waren. Viele, die sich mit dem Coronavirus infizierten, haben nur Vermutungen, wo genau sie es sich einfingen. Und die äußerst fragwürdige Rolle des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz, der mit der überhasteten Ausrufung der Quarantäne für ein Ausreisechaos sorgte, wurde da noch gar nicht beleuchtet.

Klar zu sehen ist aber, dass sich die meisten Entscheidungsträger, die – wissentlich oder nicht – viel verbockt haben, stärker denn je an ihre Sessel klammern. Auch das ist strafrechtlich nicht fassbar, politisch wie menschlich aber unfassbar. (Fabian Sommavilla, 24.11.2021)