Diese Besucher der Hanfparade 2018 hatten Hoffnung – nun wird Cannabis in Deutschland tatsächlich legalisiert. Hierzulande sieht es eher hoffnungslos aus. Laut Gesundheitsminister Mückstein stellt sich die Frage einer Legalisierung derzeit nicht.

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Es war zwar erwartet worden, überraschte schlussendlich dann aber doch viele: Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP will in Deutschland Cannabis legalisieren – nicht nur zu medizinischen Zwecken, sondern auch zum Genuss. "Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein", heißt es im am Mittwoch veröffentlichten Koalitionsvertrag. Das Ziel: Die Qualität soll kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden.

Legalisierung "leider" nicht im Koalitionsprogramm

In Österreich ist die Position der Parteien im Umgang mit Cannabis seit Jahren festgefahren: Die Grünen und die Neos sind in der Drogenpolitik liberaler und traten bereits für eine Entkriminalisierung (Grüne) bzw. eine Liberalisierung (Neos) ein.

Am anderen Ende steht die FPÖ, die eine Legalisierung stets komplett ablehnte und Cannabis als Einstiegsdroge sieht. Dagegen waren aber auch immer SPÖ und ÖVP – eine Legalisierung hat es deswegen nicht in das Koalitionsprogramm von Türkis-Grün geschafft. "Leider", wie Justizministerin Alma Zadić in einem Interview zum Amtsantritt hinzufügte.

Unveränderte Positionen

Auch die Liberalisierung bei den Nachbarn ändert an diesen Positionen nichts. Die SPÖ lässt sich vom Kurswechsel der "großen Schwester" in Deutschland nicht beeinflussen: "Aus gesundheitspolitischen Gründen halten wir eine völlige Liberalisierung des privaten Konsums von Cannabis nicht für zielführend", sagt Gesundheitssprecher Philip Kucher.

Während die Parteijugend auf eine Legalisierung pocht – die SJ Niederösterreich startete im August eine Onlinepetition –, betont Kucher, man wolle "am österreichischen Weg 'Therapie statt Strafe' festhalten". Der sozialdemokratische Gesundheitssprecher verweist auf "weitreichende Regelungen", die diesbezüglich 2016 unter der SPÖ-geführten Regierung geschaffen worden seien.

Was für eine Legalisierung spricht

Für Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker ist das zu wenig. Die Pinken fordern seit Jahren eine Legalisierung – neben den Einnahmen, die der Staat damit hätte, gehe es dabei auch um Schutz: "Wir fordern eine Legalisierung vor allem wegen der Qualitäts- und der Alterskontrolle." Der Kunde wisse dann auch, was er oder sie bekommt – der THC-Gehalt ist angegeben. Das Ziel von Dealern sei hingegen, Konsumentinnen und Konsumenten zu "hartem Zeug" zu bringen: "Weil auch Dealer wie Unternehmer denken und das verkaufen wollen, wo der Deckungsbeitrag am höchsten ist – das ist bei härteren Drogen der Fall."

Tatsächlich dürfte das auch in Deutschland eine Rolle gespielt haben. Zumindest beschreibt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach seinen Sinneswandel so: "Immer häufiger wird dem illegal verkauften Straßencannabis neuartiges Heroin beigemischt, das sich rauchen lässt. Damit werden Cannabiskonsumenten schnell in eine Heroinabhängigkeit getrieben." Er habe eine Legalisierung immer abgelehnt, komme als Arzt nun aber zu einem anderen Schluss.

FPÖ und ÖVP bleiben bei ihrem klaren Nein zu einer Legalisierung.

Druck aus Deutschland

Dass die Entscheidung in Deutschland trotz der Ablehnung in der heimischen Politik etwas verändert, glaubt Neos-Mandatar Loacker: "Drei Bundesländer grenzen direkt an Deutschland. Konsumenten werden dort schon wissen, wo sie sich künftig ihr Zeug holen." Ein Verbot in Österreich werde seine Wirkung also nicht erreichen, der Druck auf Österreich, sich zu bewegen, wird laut Loacker stark steigen.

Das sieht auch der Sucht- und Drogenkoordinator der Stadt Wien, Ewald Lochner, so: "Wenn sich Nachbarstaaten für eine regulierte Abgabe entscheiden, ist natürlich auch die österreichische Bundesregierung gefordert, sich dem Thema zu widmen und die bestehende Situation neu zu bewerten." Lochner betont, dass es beim deutschen Vorschlag eben nicht um eine komplette Legalisierung, sondern um eine gesetzliche Regulierung gehe. Auch in Österreich würden sich Experten mit diesem Thema beschäftigen. Die Situation in Österreich sei für Betroffene, Behandlerinnen und Behandler, aber auch für die Präventionsarbeit und die Justiz "nicht lösungsorientiert".

Mückstein: Frage nach genereller Legalisierung "stellt sich nicht"

Und was sagt die darauf angesprochene Regierung? ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz verweist auf das Gesundheitsministerium. Der dortige Chef Wolfgang Mückstein (Grüne) betont die medizinische Wirkung: "Ich habe hier einen klaren Zugang, nämlich den als Arzt: Ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit dort, wo es medizinisch sinnvoll war, manchmal auch Dronabinol (medizinisches Cannabisderivat, Anm.) verschrieben und damit gute Behandlungsergebnisse erzielt."

Der Einsatz von cannabishaltigen Arzneimitteln soll deswegen laut dem Minister weiter erleichtert werden. "Die Frage einer generellen Cannabislegalisierung in Österreich stellt sich derzeit aber nicht." (Lara Hagen, 25.11.2021)