Seit Jahren wird gegen den umstrittenen Paragrafen 219a in Deutschland demonstriert. Die neue Koalition will ihn streichen.

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Berlin – Die künftige deutsche Ampelkoalition will das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche abschaffen. "Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen", heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Daher solle der entsprechende Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs gestrichen werden.

Ziel sei, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen zu stärken und Versorgungssicherheit herzustellen. Die Möglichkeit, kostenlos einen Abbruch durchzuführen, gehöre zu einer "erlässlichen Gesundheitsversorgung", heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Schwangerschaftskonfliktberatung solle online möglich sein. Gegen belästigende Aktionen von Abtreibungsgegner*innen sollen "gesetzliche Maßnahmen" kommen. Krankenkassen soll es ermöglicht werden, Verhütungsmittel als Satzungsleistung zu erstatten. "Bei Geringverdienenden werden die Kosten übernommen", heißt es.

Im Koalitionsvertrag steht auch, dass eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin eingesetzt werden soll, "die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird". Zugleich soll für ungewollt Kinderlose bessere Unterstützung kommen.

Leichte Abänderung 2019

Der umstrittene Paragraf 219a verbietet Ärzt*innen das Bereitstellen von öffentlichen Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Durch die Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel geriet dieses Gesetz in die Kritik, 2019 wurde es leicht geändert. Nun darf auf einer Website zwar stehen, dass Ärzt*innen Schwangerschaftsabbrüche durchführen, aber nicht, welche Methoden sie anbieten, also ob sie einen medikamentösen und/oder chirurgischen Abbruch durchführen. Das gilt schon als "Werbung" – was weiterhin scharf kritisiert wurde.

Schwangerschaftsabbrüche zählen weltweit zu den häufigsten gynäkologischen Eingriffen, die Frauen unabhängig von der gesetzlichen Lage zu Abtreibungen durchführen lassen. Weltweit finden laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation jedes Jahr 25 Millionen unsichere Abtreibungen statt, sie sind global die dritthäufigste Todesursache bei Müttern. (APA, maa, 25.11.2021)