Florian Krammer beantwortet Fragen zur Impfung der Fünf- bis Elfjährigen aus der STANDARD-Community.
Foto: Sebastian Krammer

Viele Eltern haben schon ungeduldig darauf gewartet, am Donnerstag war es endlich so weit: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat den Impfstoff von Biontech und Pfizer für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren zugelassen. Und das Nationale Impfgremium (NIG) hat am selben Tag auch noch eine Empfehlung abgegeben. Bereits jetzt wurden Kinder in diesem Alter geimpft, allerdings noch off-label. Viele Eltern haben auf die offizielle Zulassung gewartet, bevor sie ihre Kinder impfen lassen, und haben zudem einige Fragen.

Aus diesem Grund beantwortet der renommierte Virologe und Impfstoffforscher der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York, Florian Krammer, diese Woche Fragen der STANDARD-Community rund um die Kinderimpfung.

Antwort: Die gleiche Frage stellt man natürlich bei der Impfstoffzulassung. Die FDA hat, basierend auf den vorhandenen Daten zu Herzmuskelentzündungen bei männlichen Zwölf- bis 29-Jährigen, vor der Zulassung eine Risiko-Nutzen-Analyse durchgeführt (die auch für jeden zugänglich ist). Und die Analyse ist positiv ausgefallen. Natürlich wird aber Kindern unter zwölf Jahren jetzt auch eine niedrigere Dosis verabreicht als den über Zwölfjährigen, was das Risiko vermutlich noch einmal senken wird.

Kinder können übrigens schwer an Covid-19 erkranken, nicht nur an seltenen Syndromen wie MIS-C. Die starke Delta-Welle hat im Sommer in den USA zum Beispiel zu 30.000 Hospitalisierungen von Kindern und Jugendlichen aufgrund einer Infektion allein im August geführt.

Das Meeting des Centers for Disease Control and Prevention Advisory Committee on Immunization Practices, bei dem der Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige empfohlen wurde. Das ACIP ist das CDC-Gremium, das Empfehlungen zur Impfstoffanwendung ausspricht, sobald Impfstoffe zugelassen sind, quasi die zweite Kontrollinstanz. Da wird das Risiko auch analysiert und diskutiert.
Centers for Disease Control and Prevention (CDC)

Antwort: Ja, impfen macht Sinn. Sie schützen Ihr Kind, und Sie schützen die Interaktionspartner des Kindes und tragen dazu bei, dass sich das Virus nicht weiter ausbreitet.

Nur als Erinnerung, zum zweiten Punkt: Wir impfen Kinder gegen Röteln. Röteln verursachen kaum Probleme bei Kindern, und die Infektion ist zu etwa 50 Prozent asymptomatisch. Aber wenn das Rötelnvirus Schwangere infiziert, kommt es in vielen Fällen zur Schädigung des Embryos. Die Impfung schützt Schwangere zwar meistens, aber nicht immer. Deshalb impft man eben alle, schon als Kinder und auch Buben, damit so wenig Virus wie möglich in der Bevölkerung unterwegs ist und das Restrisiko für Schwangere minimiert wird.

Antwort: Wenn ich weiß, dass jemand gerade Covid-19 hat (oder irgendeine andere Infektion), dann macht es grundsätzlich Sinn, mit Impfungen zu warten, bis die Infektion abgeklungen ist. Aber die Möglichkeit, dass sich ein Impfling kurz nach der Impfung ansteckt oder dass jemand eine asymptomatische, unerkannte Infektion hat, sollte nicht von der Impfung abhalten.

Ihr Sohn weiß, was er will. Liebe Grüße an ihn, ich find das sehr cool.

Antwort: Grundsätzlich reagiert das Immunsystem am besten, wenn es bei der Impfung im "Ruhezustand" ist. Daher macht es Sinn zu warten, bis seine Infektion abgeklungen ist. Ich würde zumindest vier Wochen warten und erst dann impfen. Das deckt sich auch mit der Empfehlung des Nationalen Impfgremiums.

Der Impfstoff für Kinder ab fünf Jahren ist nun zugelassen – für viele Eltern eine große Erleichterung.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Kinderimpfstoff versus Erwachsenenimpfstoff

Antwort: Die Frage ist überhaupt nicht blöd. Der Pfizer-Impfstoff für Erwachsene enthält 30 ug RNA in 0,3 Millilitern. Wenn man die gleiche Formulierung für Kinder verwenden will, muss man 0,1 Milliliter geben, das entspricht dann der 10-ug-RNA-Dosis für Fünf- bis Elfjährige. Das kann man natürlich machen und sollte kein Problem sein, allerdings ist so ein geringes Volumen schwerer zu verimpfen. Deshalb hat das NIG auch Informationen dazu online gestellt, wie man das am besten macht.

Die Formulierung für Fünf- bis Elfjährige, die jetzt offiziell kommt, ist anders verdünnt, da sind die 10 ug RNA in 0,2 Milliliter drin, und das ist einfacher zu verimpfen.

Antwort: Die Booster-Dosis wird momentan ab vier Monaten nach der zweiten Impfung angeboten. Meiner Meinung nach ist ein Abstand von sechs Monaten ideal. Sie geben auch ohne Booster-Dosis Antikörper an Ihr Baby weiter, aber es ist anzunehmen, dass nach der Booster-Dosis mehr weitergegeben wird.

Haben Sie Fragen an Florian Krammer?

Was möchten Sie von dem Virologen und Impfstoffforscher beantwortet wissen? Welche Fragen beschäftigen Sie rund um Corona, Impfung und virologisches Geschehen? Ausgewählte Fragen aus dem Forum werden von Florian Krammer wöchentlich beantwortet. (Judith Wohlgemuth, 29.11.2021)