Proben kommen in eigens angefertigten Aluminiumschienen zum "Pooling".

Foto: Christian Fischer

Die Testkits werden in Sekundenschnelle ausgepackt.

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Später kommen sie zum "Pooling" in den "Pipettier-Roboter".

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Geschäftsführer Rainer Sturma und Laborleiterin Anna Edermayr.

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Es ist ein ständiges Kommen und Gehen vor Pavillon 16 am Südhang des Gallitzinbergs im 14. Wiener Gemeindebezirk. Tag für Tag bringen 60 bis 70 Lieferwagen meterhohe weiße Säcke voller Testproben vor die Tür des größten Covid-19-PCR-Labors des Landes. Im September des Vorjahres zog das Unternehmen Lifebrain hier, in der "Baumgartner Höhe", ein. Seither wird ständig ausgebaut. Auf einer Seite der Fassade hebt ein kürzlich angebauter Lastenlift die Testmassen in den ersten Stock. Auf der anderen Seite rutschen aufgerissene Probensackerln und leere Kartonschachteln über eine Rutsche in orange Müllcontainer vor dem Gebäude. Zwischen 150.000 und 350.000 PCR-Proben kommen hier täglich an. Der Großteil stammt aus dem Alles-gurgelt-Programm Wiens. Hinzu kommen Schulkits, jene aus Kindergärten und der Stadtverwaltung, außerdem Proben aus den Wiener Gurgelboxen. Seit November wertet Lifebrain zudem Tests aus Salzburg und neuerdings auch aus Oberösterreich aus. Die Anfragen aus den Bundesländern nehmen zu.

Man suche "eigentlich immer" Personal, sagt Geschäftsführer Rainer Sturma, zumal hier von Montag bis Sonntag rund um die Uhr gearbeitet wird. Für jede Stelle brauche er fünf Personen, wegen des Schichtbetriebs sowie der Urlaube und Krankenstände. Denn spätestens 24 Stunden nachdem die Wienerinnen und Wiener ihre Testproben in einem der über 620 Rewe-Standorte der Stadt abgegeben haben, sollen sie ihr Ergebnis in den Händen halten können. So lautet Lifebrains Versprechen. Diese Garantie soll auch weiterhin gelten, trotz des steigenden Andrangs durch die vierte Welle der Corona-Pandemie.

Registrierung

Die von Otto Wagner konzipierte Anlage auf der Baumgartner Höhe am Rande Wiens war bei ihrer Gründung 1907 das modernste und größte psychiatrische Spital Europas, später wurde es von den Nationalsozialisten für ihre Verbrechen genutzt. 2015 brachte die Stadt in den in die Jahre gekommenen Jugendstilgebäuden Flüchtlinge unter. 2025 soll die aus Budapest abgezogene, vom US-Investor George Soros gegründete Central European University auf das Areal übersiedeln. Im Herbst des Vorjahrs mietete sich die Firma Lifebrain in die weitläufige Anlage der Klinik Penzing ein: Zuerst ließ sie einen Stock in Pavillon 17 auf Vordermann bringen. Als sie einzogen, seien noch Hirnschnitte im Keller gelegen, sagt Sturma. Stromleitungen und über 70 Kilometer an Glasfaserkabeln wurden gelegt.

Mit beiden dreistöckigen Gebäuden verzeichnet das Labor heute eine Anschlussleistung einer kleinen Siedlung. Im Februar kam ein weiterer Stock hinzu, schließlich das ganze Gebäude, im März dann bezog man zwei Häuser weiter Pavillon 16. Bei der Eröffnung im Dezember 2020 zählte der Anbieter klinischer Labordiagnostik 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 30.000 Corona-Tests wurden damals pro Tag ausgewertet. Inzwischen sind es über 1.000 Angestellte, die tägliche Testkapazität liegt bei 500.000. Über den Sommer habe man genügend Reserven angelegt, sagt Geschäftsführer Sturma.

In Pavillon 16 herrscht ein permanenter Geräuschpegel. Es rattert, knistert, klirrt und piepst. Hier werden die Tests registriert. Mitarbeiter ziehen Säcke mit Proben über den Gang in die Auspackräume. Dort öffnen Frauen und Männer in weißen und hellblauen T-Shirts die Schachteln, reißen die Plastiksackerln auf, legen die Röhren in Listen – sechs Sekunden dauert es, jeder Handgriff sitzt.

Auswertung

Bevor die Proben in den Scanraum gebracht werden, muss man sie in Öfen, die aussehen wie massive Kühlschränke, thermisch inaktivieren: Die Wärme tötet bei mehr als 70 Grad nach 45 Minuten potenzielle Coronaviren ab – zum Schutz der Angestellten. Danach steht das Scannen der Barcodes auf dem Programm: War die Registrierung erfolgreich, erscheint ein grünes Hakerl. Ist ein Fehler passiert, leuchtet ein rotes X auf. Meist wurde der Test in dem Fall nicht zu Ende durchgeführt. Eine Erinnerungsmail geht an die Testperson. Behebt diese den Fehler, wechselt die Probe mit den anderen das Gebäude.

In Pavillon 17 "heißt das Zauberwort Pooling", sagt Laborleiterin Anna Edermayr. Aus zehn Proben wird jeweils ein Teil entnommen und in einem sogenannten Pool zusammengefasst. Das spart Zeit, weil somit zehn Proben auf einmal getestet werden können. Fällt der folgende PCR-Test positiv aus, überprüft man die Proben einzeln. Anschließend werden sie extrahiert und einen Stock weiter unten zur Testung gebracht: Ein Gerät, das optisch einem Laserdrucker ähnelt, wertet die Proben aus. Das Ergebnis erscheint auf einem der Bildschirme im Auswertungsraum, wird dann von einem Facharzt elektronisch unterschrieben und letztlich automatisch an die Testerinnen und Tester gemailt. "Dieser Fall hier", sagt Edermayr und zeigt auf eine blaue, steile Kurve, "bekommt in 15 Minuten eine Benachrichtigung, dass er positiv ist."

Wer nur Wasser statt Speichel einschicke, komme im Übrigen nicht weit, sagt die Biomedizinerin. "Das sehen wir sofort." Sie hätten schon "so ziemlich alles gesehen": Kunstblut, echtes Blut, Essensreste, alle möglichen Farben. Nichts finde sich allerdings so oft im Wiener Gurgeltest wie Schnitzelreste. (Anna Giulia Fink, 26.11.2021)