Noch immer wird in Amazon-Lagern Neuware vernichtet.

Foto: imago images/Jochen Tack

Immer wieder tauchen Videos aus Amazon-Lagerhallen auf, in denen die Vernichtung von Waren zu sehen ist. An einem Standort in Schottland sollen es sogar 130.000 Produkte pro Woche sein, wie der britische Sender ITV im Sommer berichtete.

In einem Interview mit dem "Handelsblatt" wehrt sich Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber jedoch gegen den Vorwurf, dass Rücksendungen massenhaft vernichtet würden. "Bei der Ware, die uns gehört", liege dieser Anteil "im Promillebereich", sagt er.

Stattdessen würden nur Dinge entsorgt, "die aus Gründen der Hygiene oder der Produkthaftpflicht nicht mehr verkauft werden dürfen". Außerdem habe der Konzern rund 1,5 Millionen unverkäufliche Klein- und Großpackungen an lokale Tafeln gespendet, berichtet "Golem".

Marketplace als Problem

Das Problem, sagt Kleber, sei hingegen, dass Verkaufspartner auf dem Marketplace oft aus wirtschaftlicher Notwendigkeit Waren vernichten müssten, anstatt sie zu spenden: "Die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland schreiben immer noch vor, dass auf Produkte, die gespendet werden, die Umsatzsteuer gezahlt werden muss." Damit wäre Spenden teurer als die Entsorgung. "Und viele kleine Händler können sich das schlicht nicht leisten", sagt Kleber.

Er hofft deshalb, dass die künftige deutsche Bundesregierung die gesetzlichen Bestimmungen ändert. Vorbild seien Länder wie Frankreich und Großbritannien, die entsprechende Regelungen längst abgeschafft hätten: "In Großbritannien wurden in kurzer Zeit allein 70 Millionen an Retouren und unverkauften Produkten von Drittanbietern gespendet."

Destroy-Stationen

Im Amazon-Logistikzentrum im deutschen Ort Winsen gibt es unterdessen acht sogenannte Destroy-Stationen, an denen originalverpackte Produkte für die Vernichtung vorsortiert werden. Laut Greenpeace soll der Onlineriese allein an diesem Standort jede Woche mindestens eine Lkw-Ladung nicht verkaufter Ware vernichten.

Tatsächlich handelt es sich laut "Golem" dabei primär um den Warenbestand von Dritthändlern, die über den Amazon Marketplace verkaufen. Allerdings verdient Amazon daran. Außerdem erhöht der Konzern die Preise, wenn Produkte länger gelagert sind. Werden Waren über einen längeren Zeitraum hinweg nicht verkauft, bietet Amazon den Händlern die Entsorgung an.

Seitens Amazon heißt es in einer aktuellen Stellungnahme bezüglich der Vorwürfe, dass alle Programme den Drittanbietern dabei helfen sollen, mehr Ware zu verkaufen und Lagerkosten zu reduzieren: "Das Zusammenspiel dieser Programme und unsere Gebührenstruktur sorgen dafür, dass die Entsorgung von Produkten für Verkaufspartner:innen die wirtschaftlich am wenigsten attraktive Option ist," heißt es aus der Pressestelle. (red, 26.11.2021)

Update, 29.11.: Statement von Amazon wurde hinzugefügt.