Einen guten Erzähler erkennt man oft schon am ersten Satz. Im ersten Teil seiner Memoiren A promised land beweist Ex-US-Präsident Barack Obama das einmal mehr. Er beginnt sein 701 Seiten starkes Opus (ohne Anhang) mit seinem liebsten Weg im Weißen Haus, dem durch die Galerie, die das Haupthaus mit dem "West Wing" und dem Oval Office verbindet.

Barack Obama, "A Promised Land". 29 Euro / 768 Seiten. Random House, New York 2020
Cover: Random House

Obama beschreibt lebhaft, warum er diesen kurzen Weg von einer Minute, "der meinen Tag einrahmte", so liebte: Hier konnte er, mit Blick auf den Rosengarten, seine Gedanken sammeln, in seinem langsamen, dem "hawaiianischen" Gang, der seine Frau Michelle bisweilen enerviert. Oder er durchmaß die kurze Distanz mit langen, eiligen Schritten, weil es irgendwo auf der Welt brannte.

Zwischen Ideal und Ohnmacht

Jedenfalls ist Obama ein schöner Einstieg in ein spannendes Buch gelungen. Er skizziert seine ersten Schritte Richtung Politik, er gibt einen Einblick in die Community-Work und die wenig glamourösen Seiten eines Daseins als jüngster Senator im US-Kongress. Michelles Hadern mit seiner Präsidentschaftskandidatur ist genauso Thema wie die Euphorie über seine politischen Erfolge.

Gleichzeitig legt das Buch Zeugnis ab von der Präsidentschaft eines skrupulösen, nachdenklichen Politikers. Obama beschreibt offen, wie er versuchte, seinen Idealen gerecht zu werden, und oft ohnmächtig erleben musste, wie sie in faulen Kompromissen endeten.

Er berichtet von den teils übersteigerten Erwartungen, die die Black Community in ihn gesetzt hat, aber auch von seiner Frustration und seinem Hadern mit den Diskriminierungen, an denen er als Präsident nur wenig ändern konnte.

Am beklemmendsten wird das Buch, wenn er die immer tieferen Gräben zwischen den stark nach rechts rückenden Republikanern und "seinen" Demokraten beschreibt. Die Republikaner wollten ihm keinen Erfolg gönnen, schreibt er. Ihr Ziel sei von Beginn an gewesen, dass er, der "schwarze" Präsident, scheitere.

Wer Geduld mit sich selbst hat, sollte dieses Buch auf Englisch lesen – die Originalsprache macht Obamas Erzählungen noch lebendiger. Spoiler: Über die Weihnachtsfeiertage geht sich dieser Ziegel sowieso nicht aus. (Petra Stuiber, ALBUM, 20.12.2021)