Heiliges Amt

Das Postamt Christkindl stempelt outdoor

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Wer als Kind in Sachen Wunschplatzierung auf Nummer sicher gehen will, sollte die oberösterreichische Stadt Steyr ins vorweihnachtliche Auge fassen. Mit 26. November 2021 öffnet wieder das Postamt Christkindl in dem gleichnamigen Wallfahrtsort. Tausende Briefe mit Wunschlisten werden so jährlich direkt an das Christkind geschickt. Alle Schreiben werden beantwortet, die Versender erhalten ein kleines Geschenk. Aber auch die Tradition, seine Weihnachtskarten dort aufzugeben, konnte sich bis ins E-Mail-Zeitalter halten. Gestempelt wird am Sonderpostamt, weil täglicher Versorger, trotz Lockdowns. Das "Heilige Amt" wurde kurzerhand nach draußen verlegt. (Markus Rohrhofer)


Lebkuchenhaus

Wer hat das schönste im ganzen Land?

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Die Wahrheit über die Tradition des Lebkuchenhausbauens geht so: Dem Mütterrudel ging es nie darum, dass sich die Kleinen kreativ verwirklichen, sondern knallhart darum, wer am Ende des Abends mit dem schönsten Haus nach Hause geht. Die Kids haben das schnell kapiert und sich im Laufe der Jahre mit genügend Zuckerzeug zum digitalen Zeitvertreib nach nebenan verzogen. Und wir, die Mütter, konnten in Ruhe hantieren, die Technik verbessern (Stecknadeln!), Grundrisse verfeinern, uns zu Höchstleistungen antreiben. Dass die Tradition auf Hänsel und Gretel zurückgeht, ist ein Märchen. Ich denke an (Eier-)Schneewittchen. Obwohl böse Hexen, das geht sich aus. (Mia Eidlhuber)


Bratwürstelsonntag

Im Raum Linz ist Brät Pflicht im Advent

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Angeblich geht die Tradition zurück auf einen frühen Marketingcoup: Vor gut 200 Jahren soll eine Linzer Fleischhauerei ihren Stammkunden zum ersten Adventsonntag Bratwürstel geschenkt haben – mit durchschlagendem Erfolg. Der so entstandene Brauch wird heute in vielen Familien zelebriert, am ersten Adventwochenende werden bis zu zehnmal so viele Bratwürstel umgesetzt wie normalerweise. Würste um die Weihnachtszeit sind in vielen Gegenden Brauch. Denn im Spätherbst wurde geschlachtet, und das Brät ist nicht lange haltbar. Doch ob es irgendwo bessere Würstel gibt als die aus oberösterreichischer Fleischerskunst, muss erst einmal bewiesen werden. (Pia Kruckenhauser)


Räuchern, räuchern

Verrauchter Hype um die Rauhnächte

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Räucherkegel in allen Farben, Räucherkisten, Rauhnachtkalender oder gleich das ganze Ritualset? Städter haben selten Ställe zum Ausräuchern, um das Vieh vor Krankheiten zu schützen. Aber rund um die Rauhnächte, in denen die Tore zur Anderswelt offen stehen sollen (die letzten sechs und die ersten sechs Nächte rund um die Jahreswende), ist ein wahrer urbaner Hype mit einer ganzen Industrie rundherum entstanden. Wacholder, Salbei, Rosmarin, Lavendel – das braucht man längst nicht mehr selbst trocknen. Weihrauchkörner sind schon ganzjährig für den Advent vom Esoterikladen bis zum Chinashop zu haben. Schlechtes zu vertreiben hat Hochsaison. (Karin Bauer)


Barbarazweigerln

Frühlingsgefühle und Liebesorakel

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Wer wissen will, ob im kommenden Jahr eine Hochzeit oder Verpartnerung ins Haus steht, aber Entscheidungsfragen scheut, kann abgesäbelte Kirschzweige als Orakel befragen. Barbarazweigerln werden am 4. Dezember, dem Gedenktag der Heiligen Barbara, geschnitten und eingewassert. Blühen sie zu Weihnachten auf, können schon mal die Eheringe bestellt werden. Es dürfen auch andere Obstsorten sein, aber in Kirschknospen lassen sich angeblich am leichtesten Frühlingsgefühle erwecken. Die Zweige sollten schon einmal Frost ausgesetzt gewesen sein, wenn nicht, kommen sie nach dem Abschnippeln ein, zwei Tage in die Tiefkühltruhe. (Michael Simoner)


Barbaraweizen

Weihnachtsacker auf dem Teller

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In vielen Dörfern des Burgenlandes wird der Barbaraweizen gesät. Sätermin ist der 4. Dezember, der Barbaratag. Als Acker nimmt man einen Teller oder eine flache Schale, gibt Erde hinein und auf die eine Handvoll Weizenkörner. Das Ganze wird angegossen und an einen warmen, nicht zugigen Platz gestellt. Dort sollte es dann, feucht gehalten, bis Heiligabend zu einem schönen, grünen, sinnbildreichen Buschen gewachsen sein. So wie das Barbarazweigerl variiert der Weihnachtsacker auf dem Teller das schöne Es ist ein Reis’ entsprungen. Ins Burgenland kam der Brauch wahrscheinlich mit den Kroaten. Božićna pšenica sagen sie seit jeher in Kroatien, Weihnachtsweizen. (Wolfgang Weisgram)


Wer klopfet an?

Türchen aufmachen, etwas anders

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Es muss nicht immer der Sonntag sein! Angeklöpfelt wird traditionell an den Donnerstagen vor Weihnachten, in den Anklöpfelnächten. Vor allem im Tiroler Unterland zieht eine als Hirten verkleidete Sängerrunde durch die Orte. Dann wird, richtig erraten, angeklopft und gesungen. Der Brauch reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück, damals baten Bedürftige in diesen Nächten um Gaben und bedankten sich mit Sprüchlein. Musik kam erst später ins Spiel. Immer noch bekommen die Anklöpfler gern "Keksln" oder "a Schnapsl" angeboten. Weshalb auch schon der eine oder andere Hirte den Ton an den letzten Türen des Abends nicht mehr ganz getroffen haben soll. (Antonia Rauth)


Weihnachtsbock

Trinken, um leichter fasten zu können

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Auch wenn die letzten Wochen des Kalenderjahrs heute mit den fettesten und süßesten Speisen locken: Die Adventzeit fiel früher in eine Fastenzeit – vom 11. November bis zum 6. Jänner wurde bis zum Jahr 1917 mehr oder weniger streng gefastet. Ausnahmen vom Fastengebot gab es an den Wochenenden und generell für Flüssigkeiten ("liquida non frangunt ieunum" – Flüssiges bricht das Fasten nicht). Und hier kommt der Weihnachtsbock ins Spiel, der demnach ursprünglich eher ein Adventbock war: Man konnte mit dem alkohol- und kalorienreicheren Bier die karge Fastenkost aufbessern. Und sich "Stärke antrinken", wie man es immer noch am 6. Jänner in Franken macht. (Conrad Seidl, 28.11.2021)