Siemens hat schon längst frühere Konzernteile wie Energie und Medizintechnik als eigene Unternehmen an die Börse gebracht. Nun spalten sich auch Daimler, General Electric oder Toshiba freiwillig auf.

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Aus eins mach zwei. Der Fahrzeugkonzern Daimler spaltet sich auf und fährt ab 1. Dezember zweigleisig vor: Neben dem Autokonzern Daimler, der ab dem nächsten Jahr als Mercedes-Benz Group firmieren soll, wird auch die ehemalige Nutzfahrzeugsparte als Daimler Truck eigenständig auftreten. Für je zwei Daimler-Aktien erhalten Investoren ein Daimler-Truck-Papier – und sind damit künftig an beiden Unternehmen beteiligt.

Daimler ist kein Einzelfall, immer mehr große Konzerne entscheiden sich für eine Aufspaltung in mehrere separate Geschäftsteile. Siemens beschreitet schon länger den Weg, selbstständige Tochterunternehmen an die Börse zu schicken, etwa das Geschäft mit Medizintechnik oder Energie. Auf der anderen Seite des Atlantiks schlägt auch der Traditionskonzern General Electric (GE) diesen Weg ein. Im November wurde bekannt, dass 129 Jahre nach der Gründung des Unternehmens durch den Erfinder Thomas Alva Edison bis 2024 erst die Medizintechnik- und die Energiesparte abgespalten werden sollen. Bei GE selbst bleibt nur das Geschäft mit der Luftfahrtindustrie.

Freiwillige Filetierung

Johnson & Johnson preschte als Nächstes mit einer Zweiteilung vor, und in Japan kündigte Toshiba die Spaltung in drei separate Teilkonzerne an. Was nährt diesen Trend? Warum entscheiden sich große multinationale Konzernriesen für die eigene Filetierung?

Ein Grundproblem dieser Industriegiganten ist meist deren Vielzahl an Sparten. Dabei handelt es sich um verschiedene Geschäfte mit unterschiedlichen Eigenarten. "Jeder Manager ist für sein Geschäft zuständig und will in eine andere Richtung", sagt Hans Engel, Analyst für internationale Aktien im Research der Erste Group. Kurzum, die Interessen der einzelnen Konzernteile seien nur schwer unter einen Hut zu bekommen. Zudem verliere man in sehr großen Konzernen auch leichter den Überblick.

Daher hält Engel eine Aufspaltung in der Regel für vorteilhaft. "Man kann besser agieren, wenn die Einheiten überschaubar und homogen sind." Dies führe zu besseren Strategien, zudem könne man dann flexibler und wendiger agieren. "Man kann sich auch auf den Wettbewerb viel besser einstellen." Das Fazit des Analysten: "Meistens sind diese Aufspaltungen sinnvoll und die einzelnen Teile profitabler. Das ist zu beobachten." Bei Fusionen zweier Konzerne hingegen sei eher das Gegenteil der Fall.

Als Beispiel dafür darf wohl die 2018 erfolgte Übernahme von Monsanto durch den deutschen Bayer-Konzern und deren anschließende Verschmelzung herhalten. Mit dem Aktienkurs ging es seither steil bergab. Dennoch, Bayer-Chef Werner Baumann will trotz des Trends zu Aufspaltungen an der Ausrichtung des Pharma- und Agrarchemiekonzerns festhalten. "Wir werden unseren Kurs fortsetzen", sagt er. "Was für das eine Unternehmen richtig ist, muss nicht unbedingt das Richtige für das andere sein."

Druck der Eigentümer

Meist ist auch etwas Druck aus dem Aktionärskreis notwendig, um eine Aufspaltung ins Rollen zu bringen. Große Anleger bevorzugen kleinere Einheiten als einen Konzernmulti mit Geschäftsbereichen, in die sie eigentlich nicht investieren wollen. Geschehen Aufspaltungen also auf Druck? "100-prozentig", sagt Engel und fügt hinzu: "Der Trend wird weitergehen, und das ist auch gar nicht schlecht."

In Österreich steht derzeit bei der OMV eine Abspaltung des Öl- und Gasgeschäfts vage im Raum. Bis März will Konzernchef Alfred Stern eine neue Strategie vorstellen, die sich derzeit in Ausarbeitung befindet. (Alexander Hahn, 27.11.2021)