Foto: AFP / Alex Halada

Vom Bundeskanzler zum Versorgungsfall, vom Vizekanzler zum Schnorrer, beides innerhalb kurzer Zeit – derart steile Politikerkarrieren gibt es nur in Österreich. Was für die Durchlässigkeit unseres politischen Systems spricht.

Im Hauptberuf Kaiserenkel

Leider wird Durchlässigkeit gelegentlich zum Nachteil von Kontinuität übertrieben, was wiederum Zweifel am System nährt. So sagte der renommierte Politologe Karl Habsburg neulich in der "Kronen Zeitung":Ich glaub, es gibt ein Grundbedürfnis im Menschen für Kontinuität. Und im politischen Rahmen steht das System einer Monarchie eben am meisten für Kontinuität. Wirft man einen Blick auf die englische Monarchie, erkennt man diese Einschätzung mühelos als déformation professionnelle, der Mann ist schließlich im Hauptberuf Kaiserenkel.

Man weiß, dass es in Monarchien zu einer Berechenbarkeit der Politik kommt, fuhr er in dem Interview mit seinem Biografen und Interviewer fort. An dieser Stelle hätten Kurz und Strache die demokratische Republik vielleicht zum Teufel gewünscht, zumal die gebührliche Aufmerksamkeit der "Krone" ihnen gegenüber in der letzten Zeit etwas nachgelassen hat. Sorgen machte sich das Blatt, Herr Habsburg könnte ähnlich empfunden haben – Gott sei Dank grundlos.

Otto und Adabei

Haben Sie in jüngster Zeit auch selbst diese Begeisterung für das Haus Habsburg – etwa rund um die Geburt Ihres Enkelsohnes Otto – mitbekommen?, wurde besorgt nachgefragt. Ähnliche Begeisterung für die Häuser Kurz und Strache etwa rund um die Geburt von Nachwuchs war nicht festzustellen – kränkend, wenn man vom Kaiserenkel erfahren muss, dass ihm ein "Adabei"-Kollege auf überaus nette Art in der "Krone" gratuliert hat.

Die Stille, in der der Ex-Bundeskanzler derzeit wirkt, nutzt der Ex-Vizekanzler zur Präsentation eines sicheren Bestsellers und eines der Vorweihnachtszeit angemessenen Akts wahren Christentums. Wo es heißt, liebe deinen Nächsten wie dich selbst, predigte er Vergebung – als ein Geschenk, das ich mir nun selbst mache. Warum nicht, sonst macht es ja keiner. Jetzt ist er, laut "Österreich", zwar nicht völlig pleite, aber ich bin am Rande des existenziellen Ruins.

Davon könnte sich die Volkspartei einiges abschneiden

Am Lebensweg der beiden Exen kann man auch den Unterschied zwischen ÖVP und FPÖ ermessen. Nur weil ihn, so der STANDARD, sein Ex-Vertrauter Gudenus bewusst in eine Falle gelockt haben könnte, wird Strache von seiner Gesinnungsgemeinschaft in wahrer Nibelungentreue verstoßen, obwohl er das ukrainische Geld gar nicht veruntreut haben soll. Wie da reiner Tisch gemacht wurde, davon könnte sich die Volkspartei einiges abschneiden. Kurz muss nicht einmal um Spenden bitten.

Nicht jede Investition auf Kosten der Steuerzahler trägt die Früchte, die man erhoffte. Das bezeugte Wolfgang Fellner neulich in einer Schimpftirade, in der er kritisierte, was er einst anders sah. Die türkis-grüne Koalition war von Beginn an eine Fehlentscheidung. Vom ersten Tag an hat diese Regierung nie funktioniert, nie an einem Strang gezogen, sondern sich blockiert. Gut war auch: Noch irrer war die Aktion der Grünen, mit den Chatprotokollen von Thomas Schmid die Regierung zu jenem Zeitpunkt lahmzulegen, als die Pandemie dramatisch wurde.

Das hat ihn einiges gekostet, hätte sich aber mit einigen Meinungsumfragen ausbügeln lassen. Jetzt laufen Schallenberg und Mückstein dafür Amok, nachdem sich die Geschäfte, die man mit Kurz und seinen Handlangern am Laufen hatte, in Luft aufgelöst haben. Und das muss einem der wenigen männlichen Österreicher passieren, die sich in Sachen Mode und Marken sehr gut auskennen, und der laut STANDARD einer Dame gar nicht erst hinten reinschauen muss, um ein Kleid von Chanel zu erkennen. Und einmal kurz aufzippen muss er schon gar nicht, da kann ein Gericht urteilen, was es will.

"Nicht auf Kickl hören"

Die ganze Misere des Landes fasste "Zur Zeit" in dem Satz zusammen: Nicht auf Kickl hören ist die Botschaft des Ärztekammerpräsidenten, und die Corona breitet sich weiter aus, auch bei den Geimpften. Endlich jemand, der freiheitlich die Wahrheit sagt. Und nebenbei einen Skandal in der katholischen Kirche enthüllt. Der Wiener Adabei und Dompfarrer Toni Faber liebt nicht alle Menschen. Mit seiner christlichen Nächstenliebe geht er sparsam um. Sie gilt nur geimpften Österreichern und schutzsuchenden Orientalen.

Die Gebetsliga "Herbert Kickl" prophezeit einer solchen Kirche ein trauriges Ende. Mit Arroganz und Übernächstenliebe füllt man seine Kirchen nicht. Und die Orientalen? (Günter Traxler, 28.11.2021)