Die Staats- und Regierungsspitze feiert (sich) bei und nach der Licht-ins-Dunkel-Show, unter Lockdown-Bedingungen nicht das Klügste.

Aber wichtiger wäre wohl, dass die Regierung – und die Verwaltungen in den Bundesländern – endlich einen Plan entwerfen und vernünftig kommunizieren, wie man die beschämende und gefährlich niedrige Impfquote steigert. Und wie man in etlichen Bundesländern die Infrastruktur schafft, damit sich die Leute überhaupt impfen lassen können.

Impfbus unterwegs in Wien.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Denn wie immer neu eintrudelnde Berichte zeigen, ist es mit Ausnahme von Wien und dem Burgenland, wo man eine hervorragende Impfstruktur geschaffen hat, gar nicht so leicht, eine nahegelegene, durchgehend geöffnete und leicht erreichbare Impfstation zu finden. Und das ein Dreivierteljahr, nachdem wir ausreichend mit Impfstoffen versorgt sind. Zusammen mit dem völligen Murks um die PCR-Tests in den Bundesländern (wieder mit Ausnahme von Wien und Burgenland) zeigt sich eine erschreckende Inkompetenz.

Die Experten haben gewarnt (schon seit dem Frühsommer) und warnen weiter: "Das Impftempo ist zu niedrig", sagt der Statistik-Guru Erich Neuwirth in einem STANDARD-Gastkommentar. Wenn man auf die notwendigen 80 Prozent kommen will, dauert das beim gegenwärtigen Tempo bis Mitte Jänner. "Der Karren ist festgefahren, oder?" Diese rhetorische Frage stellt der Public-Health-Experte Hans-Peter Hutter, ebenfalls im STANDARD, und kommt zu dem Schluss: "Speziell was das mittel- und langfristige Ziel in der Epidemie betrifft – Impflücken schließen und Inanspruchnahme der dritten Teilimpfung –, kann ich keine nachvollziehbare Strategie der (‚zurechnungsfähigen‘) politischen Vertreterinnen und Vertreter erkennen." Schließlich lässt Rot-Kreuz-Chef Gerry Foitik in immer mehr Interviews seinen Frust raus. Noch unter Kanzler Sebastian Kurz wurde ihm die Impfkampagne entzogen beziehungsweise abgedreht.

Prahlerei

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein hält uns schon wieder für "Impf-Europameister". Abgesehen davon, dass das ein höchst unglücklicher Rückgriff auf die hohle Prahlerei des Ex-Kanzlers Kurz ist – es stimmt nur für die Drittimpfung. Die Leute, die ohnehin impfen gehen, holen sich auch den Booster. Aber mindestens so wichtig sind die immer noch Ungeimpften. Was geschieht da?

Im Spiegel war kürzlich ein überaus erhellendes Interview mit dem dänischen Arzt und Impfbeauftragten Morten Sodemann zu lesen. Die hohe Impfrate in Dänemark (76,2 Prozent zweimal geimpft) sei eine Folge einer klugen Strategie: "Es braucht aktive, aufsuchende Angebote. Sie müssen die Impfung zu den Menschen bringen, denn von selbst kommen sie nicht. Wir sind seit Monaten in Moscheen, Vereinen und Einkaufszentren unterwegs, um für die Impfung zu werben. Dafür braucht es Personen, denen vertraut wird. Ein Imam oder eine dunkelhäutige Ärztin, die die Impfung erklärt, ist oft mehr wert als jede Regierungsansprache. Ein Friseur, ein Fußballtrainer oder ein Familienoberhaupt kann am Ende entscheiden, ob sich der halbe Block die Spritze geben lässt oder nicht."

"Aktive, aufsuchende Angebote"? Hat die Regierung nicht gemacht und macht sie weiter nicht. Manche wird man unter keinen Umständen erreichen. Aber das sind vielleicht fünf bis acht Prozent. Die anderen würden schon reagieren, wenn sie – wie in anderen Ländern – einen Brief mit einem Terminangebot bekämen. Gibt’s aber nicht bei uns. Wir warten auf die Impfpflicht im Februar.

Gibt’s jetzt endlich einen Plan? Gibt’s überhaupt eine Regierung? (Hans Rauscher, 27.11.2021)