Der Präsident der Institution, Klaus-Heiner Lehne, steht im Zentrum der Ermittlungen.

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Der Europäische Rechnungshof ist an sich die höchste Instanz der Union, wenn es um die Beurteilung korrekten Umgangs mit EU-Geldern geht. Jedes Jahr erstatten die Luxemburger Prüfer dicke Berichte über Missbrauch und Korruption. Das sorgt in der Regel für Aufregung und Skandale.

Seit Freitag stehen Mitglieder des Rechnungshofes, voran Präsident Klaus-Heiner Lehne, im Verdacht, bei sich selbst höchst unsauber mit Spesen und Wohnbeihilfen umgegangen zu sein. Die französische Zeitung Libération berichtet unter dem Titel "Betrug an der Spitze des Rechnungshofes" von "systemischer" Abkassiererei. Es geht es um trickreich verrechnete Vergütungen von Wohnungskosten, üppige Essensrechnungen, Dienstwagen, die für minimale Eigenanteile privat verwendet werden, um ständige Abwesenheit.

Im Zentrum steht Präsident Lehne, deutscher Christdemokrat, ehemaliger EU-Abgeordneter. Laut Libération sollte er seinen Lebensmittelpunkt in Luxemburg haben, wie EU-Kommissare in Brüssel. Er wohnt aber auffällig unauffällig. Nach den Recherchen von Jean Quatremer teilt der Präsident (24.000 Euro Monatseinkommen, steuergünstig) eine Art "Briefkastenwohnung" mit drei Kabinettsmitarbeitern, ist fast nie da.

Die Rechnungshof-WG, ein bescheidenes Duplex mit drei, vier Zimmern, wird auf rund 3000 Euro Miete geschätzt. Die EU zahlt Mitarbeitern wie Lehne Wohnbeihilfen aus, 15 Prozent des Einkommens. Da hätten sich vier Leute mit monatlich 60.000 Euro Einkommen was Besseres leisten können, schreibt Quatremer, das käme "Betrug" gleich. Lehne kassierte samt Umzugshilfe von 40.000 Euro seit Dienstantritt 2014 in Luxemburg 325.000 Euro, nur fürs Wohnen.

Mitarbeiter-Dinner für 476,10 Euro

Der Aufdecker, gefürchteter "Bob Woodward" im EU-Betrieb, fand heraus, dass acht Rechnungshofmitglieder praktisch nie in Luxemburg seien. Lehne sei bei ihm zu Hause in Düsseldorf in der CDU sehr aktiv, obwohl er eigentlich parteiunabhängig sein müsste. Sein Ex-Kollege Karel Pinxten sei deshalb sogar verurteilt worden, musste 153.407 Euro vom Bezug zurückzahlen. Schräge Wohnbeihilfen sind nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt Hinweise auf Spesenmissbrauch, prächtige Essensbelege für "Besprechungen" mit Mitarbeitern auf EU-Kosten, 352 Euro oder 476,10 Euro für ein Dinner seien keine Seltenheit. (Thomas Mayer, 27.11.2021)